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Geschrieben von AmtsMatz am 16.03.2021 um 11:42:

  Hundephysiotherapie mit Blutegelbehandlung

Hallo zusammen smile

ich habe vorliegend eine Anfrage, ob ein Hundephysiotherapeut mit Blutegeltherapie ein Gewerbe anzeigen muss oder nicht

Nun ist es so, dass die allgemeine Berufsbezeichnung „Tierphysiotherapeut“ nicht geschützt ist und von jedermann geführt werden kann. Ferner existiert auch kein Gerichtsurteil, wie beim Tierheilpraktiker. Der Beruf des Tierheilpraktikers ist zwar auch nicht geschützt, die Tätigkeit wird vom Anwendungsbereich der GewO aber ausgenommen (Landmann-Rohmer Anm. 61 zu § 6 GewO).

Hat da jemand eine Hilfestellung für mich?



Geschrieben von Bendino am 16.03.2021 um 13:12:

 

Was sagt denn das Finanzamt dazu? Klingt für mich nach einem freien Beruf, solange sie nichts verkauft.



Geschrieben von Thomas Mischner am 16.03.2021 um 13:22:

 

Ein ähnliches Thema wurde hier bereits kontrovers diskutiert.



Geschrieben von Roesje am 16.03.2021 um 14:50:

 

Zitat:
Original von Bendino
Was sagt denn das Finanzamt dazu? Klingt für mich nach einem freien Beruf, solange sie nichts verkauft.


Bitte nicht das Finanzamt und damit Steuerrecht ins Spiel bringen

Ist völlig irrelevant für die gewerberechtliche Einstufung.

Die Diskussion in dem anderen Beitrag zum § 6 GewO und den Heil(hilfs)berufen ist schon schwierig genug großes Grinsen



Geschrieben von Bendino am 16.03.2021 um 15:01:

 

Zitat:
Original von Thomas Mischner
Ein ähnliches Thema wurde hier bereits kontrovers diskutiert.


Ich kann da kein Ergebnis finden, scheint sich also im Sande verlaufen zu haben.

Zitat:
Original von Roesje

Bitte nicht das Finanzamt und damit Steuerrecht ins Spiel bringen

Ist völlig irrelevant für die gewerberechtliche Einstufung.

Die Diskussion in dem anderen Beitrag zum § 6 GewO und den Heil(hilfs)berufen ist schon schwierig genug großes Grinsen


Mit wem soll man sich den sonst noch abstimmen und ja es ist mir bewußt, dass das Steuerrecht etwas anderes ist.
Nur leider hilft mir meine Bibel (Landmann/Rohmer) nicht weiter, also würde ich dann Infos aus allen Richtungen einholen.



Geschrieben von Roesje am 16.03.2021 um 15:17:

 

Die steuerrechtliche Bewertung entfaltet höchstens Indizwirkung, aber interessiert uns ja als Gewerberechtler eher wenig.

Meiner Auffassung nach ist es einfach, man muss sich bloß fragen, was die Intention hinter dem § 6 GewO ist und dann kommt man auch mit dem Kommentar Landmann/Rohmer super parat.

§ 6 GewO schließt ja insb. deswegen die benannten Berufe aus, da diese ja bereits einer Überwachung unterliegen (z.B. Ärztekammern, RAkammern usw.) und der Gesetzgeber daher eine "doppelt-gemoppelte Überwachung" in Form einer zusätzlichen Gewerbeanzeige ausgeschlossen hat.

Das ist die Daseinsberechtigung des § 6 GewO, der also besagt, dass die ärztlichen und Heilhilfsberufe ausgeschlossen sind.

Als Heilhilfsberuf gilt nur der Beruf, der auch staatlich geregelt ist.
Es muss also ein Gesetz geben, wie z.B. beim Physiotherapeut oder dem Heilpraktiker, der den Beruf und seine Ausübung (und somit auch seine Überwachung) regelt.

Gibts das nicht = Gewerbe, da die Überwachung über spezialgesetzliche Regelungen nicht existiert.

So zumindest meine Rechtseinschätzung und Logik.

Man braucht also das Steuerrecht nicht. Man muss sich bei Prüfung der Gewerbsmäßigkeit fragen, ob

a) der Beruf spezialgesetzlich geregelt ist
b) gibt es für diesen Beruf staatlich legitimierte Überwachungsbehörden?

Beides nein = Gewerbeanzeige notwendig.



Geschrieben von Bendino am 16.03.2021 um 15:25:

 

Danke



Geschrieben von AmtsMatz am 17.03.2021 um 14:50:

 

Vielen Dank für die Hilfe smile

Ich sehe so keine Anzeigepflicht nach § 14 GewO, hab aber für etwaige andere Erlaubnisse auf die Tierärztekammer verwiesen..



Geschrieben von Delius am 18.03.2021 um 07:21:

 

Hallo aus Helmstedt,

der Hinweis auf die Tierärztekammer bzw. auch das zuständige Veterinäramt ist sicherlich gut gedacht, es bleibt allerdings bei der Verpflichtung der Gewerbeanzeige nach § 14 GewO, da es sich nicht um einen freien Beruf handelt.
Es ist einfach kein Ausnahmetatbestand in der GewO für derartige Tätigkeiten vorhanden.

Mit Grüßen aus Helmstedt



Geschrieben von AmtsMatz am 18.03.2021 um 09:01:

 

Ich sehe den Tierphysiotherapeuten jetzt gleich zum Tierheilpraktiker. Der ist eben zwar nicht gesetzlich geregelt und die Berufsbezeichnung ist auch nicht geschützt, und dennoch wird die Tätigkeit nach der Kommentierung von Landmann-Rohmer (s.o.) vom Anwendungsbereich der GewO ausgenommen.

Für eine Argumentation gegen die Gleichstelung von Physio und Heilpraktiker bin ich offen.



Geschrieben von Roesje am 18.03.2021 um 09:32:

 

Zitat:
Original von AmtsMatz
Ich sehe den Tierphysiotherapeuten jetzt gleich zum Tierheilpraktiker. Der ist eben zwar nicht gesetzlich geregelt und die Berufsbezeichnung ist auch nicht geschützt, und dennoch wird die Tätigkeit nach der Kommentierung von Landmann-Rohmer (s.o.) vom Anwendungsbereich der GewO ausgenommen.

Für eine Argumentation gegen die Gleichstelung von Physio und Heilpraktiker bin ich offen.


Ich habe zwar gerade im Homeoffice den Kommentar nicht zur Hand, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass das so in der Kommentierung steht? Macht doch gar keinen Sinn bzgl. der Intention des § 6 GewO.



Geschrieben von Delius am 18.03.2021 um 09:54:

 

Hallo aus Helmstedt,

da halte ich noch mal mit.
Die Kommentierung des Landmann/Rohmer gibt nur einen Verweis auf Abhandlungen hinsichtlich der Anwendung der Heilkunde an Menschen wieder, der durch keine rechtliche Begründung abgesichert ist. Obwohl ich sonst immer den Landmann/Rohmer für die Praxis anwende, gehe ich hier nicht konform.

U.a. gibt es wohl auch einen Erlass des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holsten, der aussagt, dass der Tierheilpraktiker nicht unter die freien Berufe fällt, sondern dass eine Tierheilpraxis immer als Gewerbebetrieb gilt (FinMin Schleswig-Holstein 11.8.11, VI 302 - S 2246 - 223). Dieser Erlass liefert die Grundlage für die bundesweite Einstufung des Berufs des Tierheilpraktikers und ist m.E. nach noch gültig.

Diese Äußerung wird so wiedergeben auch von der ATM - Akademie für Tiernaturheilkunde in Deutschland.

Von daher verstehe ich auch die Intension des § 6 GewO so, dass es sich um eine gewerbliche Praxis handelt.

Mit Grüßen aus Helmstedt



Geschrieben von AmtsMatz am 18.03.2021 um 10:06:

 

Vielleicht schon Augenzwinkern

Landmann-Rohmer zu § 6 GewO Rd. 61: "(...) Die Ausübung der Heilkunde an Tieren wird damit nicht von dem Heilpraktikergesetz erfasst; sie ist aber dennoch nach § 6 Abs. 1 S. 2 vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung freigestellt, da die berufliche Betätigung als solche begünstigt werden sollte, ohne dass es auf anderweitige (hier nicht getroffene) Regelung ankommt (...).

Ein Erlass vom Finanzministerium ist wie in der Diskussion ja schon mal vorgebracht, jedoch für die finanzrechtliche Regelung, die in vielen Situationen konträr zu den gewerberechtlichen steht.



Geschrieben von Delius am 18.03.2021 um 10:38:

 

Hallo aus Helmstedt,

@ AmtsMatz

Richtig!
Aber: Hier kann man der Argumentation folgen, da sie ja nicht vom Gewerberecht abgewandt erfolgt, sondern in der Tat und, gerade als Finanzbehörde, die Gewerbeanmeldung fordert.

Aber auch, wie von mir angegeben, die berufsnahe ATM folgt dem Weg der Gewerbeanmeldung.

Mit Grüßen aus Helmstedt.



Geschrieben von AmtsMatz am 18.03.2021 um 10:45:

 

Das stimmt, eine dahingehende Argumentation wäre auch vertretbar.
Danke für die persönliche Einschätzung!



Geschrieben von Roesje am 18.03.2021 um 11:28:

 

Wenn die Kommentierung am Ende noch mehr Verwirrung stiftet, als Unterstützung bietet...

Mir hilft bei solchen Fällen, bei denen die Kommentierung dann auch nicht unbedingt weiterhilft, immer das, was ich einst in der Verwaltungsausbildung gelernt habe:

Bleibt es undurchsichtig, wie eine Vorschrift nun zu verstehen ist, dann behilft man sich mit der Zielsetzung. Was wollte der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift erreichen? Was ist Ziel, Sinn und Zweck?

Dann wären wir wieder bei der Grundintention des § 6 GewO - dessen Ziel es ist, für bestimmte Branchen und Berufe eine doppelte Staatsüberwachung abzuwenden.

Daher stimme ich Delius uneingeschränkt zu, dass -solange der Beruf des Tierheilpraktikers nicht staatlich geregelt und die Ausübung über eine Kammer oder entspr. Erlaubnisbehörden überwacht wird- eine Gewerbeanzeigenpflicht zu bejahen ist.


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