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Geschrieben von S'Tienchen am 03.07.2020 um 09:28:

Fragezeichen Tenor für Gewerbeuntersagung gegen GmbH und Geschäftsführer

Hallo zusammen,

sonst bin ich immer nur eifriger Mitleser, gerade bin ich aber doch etwas verzweifelt, weshalb ich mich heute mal traue eine Frage zu stellen.

Bei uns werden die Gewerbeuntersagungsverfahren seit Jahren etwas stiefmütterlich behandelt. Nachdem ich diesen Bereich nun übernommen habe, arbeite ich hart daran, Vorlagen für die verschiedenen Fallkonstellationen zu erstellen, mit mäßigem Erfolg.

Derzeit hänge ich an einer Sache in der die GmbH als auch der Geschäftsführer unzuverlässig sind. Ich muss also eine Gewerbeuntersagung gemäß § 35 I 1 GewO, § 35 VIIa und § 35 I 2 GewO machen.

Ich habe u.a. in alten Akten und Skripten gesucht und mir folgendes zusammengeschustert:

gegen die GmbH:

I. Der X GmbH Kunststofftechnik, vertreten durch den Geschäftsführer X, wird auf Dauer die Ausübung des Gewerbes „Herstellung und Vertrieb von Kunststoffartikeln aller Art sowie Werkzeugbau“ in X untersagt.

II. Darüber hinaus wird die Gewerbeuntersagung ausgedehnt auf die selbständige Ausübung aller Gewerbe sowie auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden.

III. Die X GmbH Kunststofftechnik hat die unter Ziffer I genannte selbständige Tätigkeit bis zum 08.03.2020 einzustellen, sofern gegen diese Entscheidung ein Rechtsbehelf nicht erhoben wird.
Sollte ein Rechtsbehelf erhoben werden, ist die selbständige Tätigkeit spätestens fünf Wochen nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Untersagungsverfügung einzustellen.

IV. Für den Fall, dass die X GmbH Kunststofftechnik ihren Betrieb nicht fristgemäß einstellen sollte, wird unmittelbarer Zwang angedroht. Die weitere Gewerbeausübung wird dann durch Schließung und Versiegelung der Betriebs- und Geschäftsräume sowie durch Entziehung der geschäftlichen Hilfsmittel (Fahrzeuge, Werkzeug, Büroeinrichtung, Werbehinweise etc.) verhindert.

V. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) trägt die X GmbH Kunststofftechnik.

VI. Für diese Entscheidung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von X € festgesetzt. Die Gebühr für die Postzustellungsurkunde beträgt 3,45 €.



gegen den Geschäftsführer persönlich:

I. X, geboren am X, wird auf Dauer die Ausübung des Gewerbes „Herstellung und Vertrieb von Kunststoffartikeln aller Art sowie Werkzeugbau“, die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer/s Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie die Ausübung jeglichen Gewerbes als selbständiger Gewerbetreibender untersagt.

II. X hat seine unter Ziffer I genannte Tätigkeit bis zum 08.03.2020 einzustel-len, sofern gegen diese Entscheidung ein Rechtsbehelf nicht erhoben wird.
Sollte ein Rechtsbehelf erhoben werden, ist die Tätigkeit spätestens fünf Wochen nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Untersagungsverfügung einzustellen.

III. Für den Fall, dass X dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommt, wird unmittelbarer Zwang angedroht. Die weitere Tätigkeit wird dann durch Schließung und Versiegelung der Betriebs- und Geschäftsräume sowie durch Entziehung der geschäftlichen Hilfsmittel (Fahrzeuge, Werkzeug, Büroeinrichtung, Werbehinweise etc.) verhindert.

IV. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) trägt X.

V. Für diese Entscheidung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von X€ festgesetzt. Die Gebühr für die Postzustellungsurkunde beträgt 3,45 €.


Die Bescheide gingen raus und es wurde Widerspruch erhoben, wir haben nicht abgeholfen und den Widerspruch dem RP vorgelegt - im Übrigen auch falsch - da wir den Zeitraum zwischen Widerspruch und Vorlage zum RP nicht nochmal geprüft hatten Weißnicht

Jedenfalls rief uns das RP dann an und nahm meine Bescheide total auseinander:

Verstanden habe ich, dass ich dem Geschäftsführer nur das zukünftige selbständige Gewerbe untersagen darf, weil das so als Zweck aus der Gesetzesbegründung hervorgeht.

Auch bedarf es keiner Fristsetzung zur Aufgabe der Tätigkeit als Geschäftsführer. Ist mir jetzt auch klar, weil wenn die GmbH das Gewerbe nicht weiterbetreiben darf, hat der Geschäftsführer wenig zu tun.

Ich habe auch verstanden, dass ich der GmbH nicht die Vertretung untersagen kann, weil dies nicht vorgesehen ist. Ich hatte hier an eine GmbH & Co. KG gedacht.

Was ich nicht ganz verstehe ist, warum ich der GmbH nicht alle anderen Gewerbe untersagen können soll. Sie ist wegen Schulden unzuverlässig und somit für jegliches Gewerbe. Dies soll jedoch nur für natürliche Personen gelten. Ist das so, weil die GmbH an Zuverlässige verkauft werden könnte? Aber dann müssten wir doch die GU sowieso aufheben oder?

Auch wurde die Reihenfolge moniert. Ich kann mir darunter nur vorstellen, dass ich die Untersagungen gegen den Geschäftsführer auseinander nehmen muss (also nach Abs. 7a und Abs. 1 Satz 2), sodass über die Anträge einzeln entschieden werden kann, weil ja die Untersagung nach 7a die Grundlage für die Untersagung nach Abs. 1 Satz 2 ist. Sehe ich das richtig?

Ich muss den Bescheid nun also zurücknehmen und neu fassen.

Mir graut vor dem/den Änderungsbescheid/en. Auch einen solchen habe ich noch nie verfasst und habe bislang auch keinen in einer Akte gefunden.

Leider ist es auch nicht nur der Tenor, an dem einiges zu verbessern ist. Z.B. muss die Zukunftsprognose/Gefahr der künftigen Selbständigkeit für den Abs. 7a muss mehr herausgearbeitet werden und und und... Mir wurde vor lauter Informationen ganz schwindelig.

Lange Rede, kurzer Sinn: HILFE!!!!

Kann mir jemand einen Muster-Tenor für die Untersagungen schicken oder vielleicht sogar einen Muster-Bescheid?

Und noch eine Frage zur Form:
Schreibt ihr zur Schuldenentwicklung immer einen Text oder listet ihr die Schuldenentwicklung als Tabelle auf. Bei uns ist es so, dass wir in manchem Verfahren bis zu fünf Schuldenabfragen haben, weil die Verfahren eben schon so lange laufen und nie entschieden wurde. Ich fände da eine Tabelle übersichtlicher, habe aber noch nie irgendwo einen Bescheid mit einer solchen gefunden.


Für eine Rückmeldung wäre ich euch unendlich dankbar.

Liebe Grüße
s' Tienchen



Geschrieben von SteBa am 03.07.2020 um 10:34:

  RE: Tenor für Gewerbeuntersagung gegen GmbH und Geschäftsführer



Ich wollte Ihnen gerade eine E-Mail schreiben, da das Thema besser im nicht-öffentlichen Bereich besprochen werden sollte, aber die E-Mail kam leider als unzustellbar zurück.

Am besten schicken Sie mir doch einfach eine E-Mail, dann lasse ich Ihnen gerne ein Muster von uns zukommen.

Viele Grüße

SteBa



Geschrieben von Stadtverwaltung Frankenthal am 17.11.2020 um 14:35:

  Tenor für Gewerbeuntersagung

hallo,
ich wäre auch an dem Tenor interessiert... danke!



Geschrieben von domar am 18.11.2020 um 07:14:

 

Für mich auch interessant, da ich aus dem Owi kommend mehr das Verwaltungsrecht bedienen soll. Garniert mit einer anstehenden 2 tägigen Fortbildung im Februar hoffe ich, dass die eine oder andere Frage dort auch beantwortet werden kann.

Und: Ja. Im nichtöffentlichen Bereich wäre diese Fragestellung bzw. Problematik besser aufgehoben.



Geschrieben von vechta32 am 18.03.2021 um 09:12:

  RE: Tenor für Gewerbeuntersagung gegen GmbH und Geschäftsführer

Danke!



Geschrieben von SteBa am 18.03.2021 um 10:18:

  RE: Tenor für Gewerbeuntersagung gegen GmbH und Geschäftsführer



Hier mal ein Muster, ohne Gewähr:


Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit nach § 35 Abs. 1 und § 35 Abs. 7a Gewerbeordnung (GewO)

Sehr geehrte Damen und Herren,

I. nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage ergeht gegen die XY GmbH, eingetragen unter HRB 12345 beim AG Musterstadt mit Sitz in 67890 Musterhausen, Musterstraße 15 und deren Geschäftsführer, Herrn Frank Mustermann, *01.01.1900, Musterstraße 15, 67890 Musterstadt folgende

Verfügung:

1. Der XY GmbH wird hiermit die selbständige Ausübung des Gewerbes "Erbringung von nicht zulassungspflichtigen Transportdienstleistungen für Dritte" untersagt.

2. Darüber hinaus wird der XY GmbH die selbständige Ausübung jeglichen, dem Anwendungsbereich des § 35 GewO unterliegenden Gewerbes - auch in der Eigenschaft als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Person - untersagt.

3. Herrn Frank Mustermann wird ebenfalls die selbständige Ausübung jeglichen, dem Anwendungsbereich des § 35 GewO unterliegenden Gewerbes - auch in der Eigenschaft als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Person - untersagt.

4. Für Ziff. 1 dieser Verfügung wird die sofortige Vollziehung angeordnet.

5. Für den Fall, dass die XY GmbH den Betrieb des unter Ziffer 1. dieser Verfügung genannten Gewerbes nicht bis spätestens zum 31.01.2000 einstellt und abmeldet, wird hiermit angedroht, die für den Gewerbebetrieb verwendeten Arbeitsgeräte stillzulegen und die zum Gewerbebetrieb gehörigen Geschäftsunterlagen in einer hierzu geeignet erscheinenden Büroeinrichtung unter Versiegelung zu halten.

6. Für diese Entscheidung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von XXX,00 € festgesetzt; die Kosten des Verfahrens hat die XY GmbH zu tragen.



Geschrieben von Bendino am 18.03.2021 um 15:17:

  RE: Tenor für Gewerbeuntersagung gegen GmbH und Geschäftsführer

Das halte ich für bedenklich, es müssen zwei Verfahren geführt werden. Diese sollen gleichzeitig eingeleitet werden, können sich aber unterschiedlich entwickeln, wie bspw. eingestellt werden. Ebenfalls müssen beide Entscheidungen von einander unabhängig angreifbar sein.



Geschrieben von SteBa am 18.03.2021 um 17:32:

  RE: Tenor für Gewerbeuntersagung gegen GmbH und Geschäftsführer

Es sind zeitgleich zwei Verfahren geführt worden, deren Ergebnis in einem Bescheid dargestellt wurden. Das ist gängige Praxis.

Dieser Musterbescheid hat im Übrigen schon mehrfach der Überprüfung durch die Widerspruchsbehörde und vor Gericht Stand gehalten, also kann er nicht so falsch sein.



Geschrieben von Bendino am 19.03.2021 um 07:39:

  RE: Tenor für Gewerbeuntersagung gegen GmbH und Geschäftsführer

Kann man mal wieder sehen, wie unterschiedlich die Regelungen sind. Hier in Berlin sind die Verfahren rigoros zu trennen, was dann auch in zwei Bescheiden gipfelt.



Geschrieben von Crami am 13.04.2021 um 14:35:

smile

Hallo in die Runde,

ich bin ebenfalls (relativ) neu hier und befasse mich zum ersten Mal mit einer Gewerbeuntersagung. Ich hoffe auf eure Rückantwort smile

Kurz dargestellt: Finanzamt bittet um Prüfung eines GUV aufgrund Steuerschulden ggü. einer Firma "XY GmbH & Co. KG" mit einer Geschäftsführerin.
Gewerberechtlich gemeldet ist die Firma: XY GmbH & Co. KG, p.h.G. XY Beteiligungs GmbH; die Geschäftsführerin ist GF des p.h.G

Wenn ich es nun aus den vorherigen Kommis richtig verstanden habe, ist meine Anhörung und später der Bescheid an die Beteiligungs GmbH und an die GF zu richten?
Stellungnahmen (z.B. Registergericht, HWK und ähnliches) habe ich bereits angefordert und auch schon zurückerhalten.

Herzlichen Dank und mit den besten Grüßen aus Emden

S. Cramer


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