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Geschrieben von Nachwuchsbeamter am 18.12.2019 um 14:14:

  Genehmigungsfiktion in der Praxis

Hallo zusammen,

mir stellt sich gerade die Frage, wie mit der Genehmigungsfiktion bzw. der Dreimonatsfrist bei Gaststättenanträgen in der Praxis umzugehen ist.

In den meisten Fällen stellt dies kein Problem dar, die Erlaubnis wird innerhalb von drei Monaten erteilt - zumal die Frist ja erst mit vollständiger Unterlagenvorlage durch den Antragsteller zu laufen beginnt.

Allerdings haben wir nun einen etwas anderen Fall. Alle Unterlagen, die der Antragsteller beizubringen hat, liegen uns seit 2,5 Monaten vor. Ein Termin zur Abnahme konnte aufgrund eines Innenumbaus der Gaststätte jedoch erst für heute ausgemacht werden. Dabei stellten der Lebensmittelkontrolleur und ich fest, dass es sich noch immer um eine Baustelle handelt und eine Abnahme so nicht möglich war. Der Antragsteller gab nun an, Mitte Januar eröffnen zu wollen (ursprünglich 01. November) und dass er vorher nochmal einen Abnahmetermin vereinbaren werde.

Bis dahin ist aber die Dreimonatsfrist überschritten. Wie sollte in einem solchen Fall vorgegangen werden bzw. wie lässt sich ein solcher Fall ggf. künftig vermeiden? Wird in anderen Städten die Erlaubnis auch ohne (erfolgreiche) Abnahme vor Ort erteilt?

Ich bedanke mich im Voraus für Rückmeldungen!



Geschrieben von EinQuantumRecht am 18.12.2019 um 15:37:

 

Moin ,

schön einen weiteren Kollegen aus Baden-Württemberg begrüßen zu dürfen. großes Grinsen

Dein Sachverhalt würde für mich als Begründung ausreichen, die Frist für die Entscheidung zu verlängern.

Dem Gaststättenbetreiber den Grund für die längere Entscheidungsfindung schriftlich mitteilen und darauf hinweisen, das deshalb keine Genehmigungsfiktion eintritt.

Da er eh erst eröffnen kann, wenn die Umbaumaßnahmn abgeschlossen sind, wird er da auch nichts dagegen haben.

Möglicherweise würde es auch ausreichen sich darauf zu berufen, dass der Antrag noch nicht vollständig geprüft werden kann und somit quasi nicht alle Unterlagen vorliegen.
Ich halte die schriftliche Form aber für sicherer.

VG



Geschrieben von Nachwuchsbeamter am 18.12.2019 um 16:49:

 

Hallo EinQuantumRecht,

vielen Dank für die nette Begrüßung und den Vorschlag für das weitere Verfahren! Dann werden wir ihm einen schriftlichen Hinweis zukommen lassen.

VG



Geschrieben von VeSa am 18.12.2019 um 18:20:

 

Moin

Nach meinem Kenntnisstand ist eine Verlängerung der Frist des § 6a GewO nicht möglich. Falls ich da auf dem Holzweg bin würde ich mich für eine entsprechende Quelle interessieren.

Wir verfahren in diesen Fällen so, dass der Antragsteller seinen Antrag zurücknimmt ("Er erscheint Herr xy und erklärt..."), auf eine Rückzahlung der Gebühren verzichtet und diese im späteren, zweiten, Verfahren verrechnet werden.

Viele Grüße
VeSa



Geschrieben von SteBa am 19.12.2019 um 07:42:

 



Andererseits können wir im laufenden Verfahren auch noch Unterlagen nachfordern, wenn nötig und für die Prüfung der räumlichen und persönlichen Voraussetzungen erforderlich.

Da die räumlichen Voraussetzungen im Moment für den Betrieb einer Gaststätte nicht vorliegen, weil Baustelle, könnte man doch vom künftigen Gastwirt noch eine Bestätigung bzw. Nachweis über den Abschluss der Bauarbeiten fordern. Somit würden zum jetzigen Zeitpunkt eben nicht alle Unterlagen vom Antragsteller vorliegen und die Frist für die Genehmigungsfiktion läuft noch nicht.

Sinn der Vorschrift ist doch, dass die Behörden zeitnah entscheiden, wenn vom Antragsteller alles erforderliche getan wurde, nicht um die Behörde zu irgendwelchen Entscheidungen zu zwingen, obwohl noch nicht alles geprüft werden konnte.
Wer sagt denn, dass nach dem Umbau die Räumlichkeiten noch für einen Gaststättenbetrieb geeignet sind? Mal überspitzt gesagt.

Viele Grüße

SteBa



Geschrieben von HBinder am 23.12.2019 um 14:51:

 

Hallo,

ergänzend weise ich darauf hin, dass sich die Fristverlängerung nicht aus § 6a GewO ergibt, sondern aus § 42 a VwVfG bzw. § 42 a Abs. 2 LVwVfG BW: "Die Frist nach Absatz 1 Satz 1 beträgt drei Monate, soweit durch Rechtsvorschrift nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Frist beginnt mit Eingang der vollständigen Unterlagen. Sie kann einmal angemessen verlängert werden, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Angelegenheit gerechtfertigt ist. Die Fristverlängerung ist zu begründen und rechtzeitig mitzuteilen."

Gruß
HBinder


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