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Geschrieben von PeterSpass am 17.11.2017 um 13:50:

  Festsetzung von kleinen "Festen"

Hallo zusammen,

folgender Sachverhalt: Wir haben oft Veranstaltungen organisiert z.B. von Altenheimen wo wenige private Anbieter selbstgebasteltes Verkaufen (gerade zur Weihnachtszeit) und dann kommen noch 4-5 gewerbliche Anbieter hinzu. Grundsätzlich würde ich solche Veranstaltungen nicht festsetzen.

Allerdings bin ich hier der Auffassung, dass die gewerblichen Anbieter eine Reisegewerbekarte haben müssten, um dort Ihre Waren feilzubieten.

Wie wird bei euch mit solchen "kleinst"- Festen/Märkten umgegangen?

Ich biete den Veranstaltern hier eine Festsetzung an, damit die Gewerblichen dann im Rahmen der Priviligierung der Veranstaltung keine Reisgewerbekarte mehr benötigen.



Geschrieben von SteBa am 20.11.2017 um 08:10:

  RE: Festsetzung von kleinen "Festen"



Auch bei uns kommen solche Veranstaltungen vor, eine Festsetzung nach § 69 GewO kommt aber nur bei einer ausreichenden Zahl von gewerblichen Teilnehmern in Betracht. Bei Jahrmärkten mindestens 12 gewerbliche Teilnehmer, bei Spezialmärkten können es auch weniger sein, aber unter 8 gewerblichen Teilnehmern macht auch unsere IHK nicht mit.
Ohne Festsetzung ist es dann ein Privatmarkt und Gewerbetreibende brauchen die Reisegewerbekarte.

Problematisch wird es, wenn diese Veranstaltungen an einem Sonntag stattfinden sollen. Habe ich lediglich private Teilnehmer und wenigstens ein bisschen ein Rahmenprogramm, steht der FTG-Ausnahme aus meiner Sicht (und auch aus der Sicht unserer Kirchen vor Ort) nichts im Wege. Sobald wir aber gewerbliche Teilnehmer haben und es keine Festsetzung nach § 69 GewO gibt, dann gibt es auch keine FTG-Ausnahme, da reine Verkaufsveranstaltungen nicht privilegiert sind.

Viele Grüße

SteBa



Geschrieben von Uwe Matthies am 20.11.2017 um 17:01:

  RE: Festsetzung von kleinen "Festen"

Moin

Hallo zusammen,

soweit es sich nur um Werktage, vornehmlich wohl Samstage, handelt, würde ich versuchen diese "Gemengelage" (private Anbieter, gewerbliche Anbieter) entweder über Einzelausnahmegenehmigungen nach § 55 a Nr. 1 GewO oder zielführender über eine Ausnahmegenehmigung nach § 55 a Abs. 2 GewO sauber zu lösen. Das Problem der RGK-Pflicht für die gewerblichen Anbieter wäre damit rechtlich sauber zu lösen, ein förmliches Festsetzungsverfahren nach Titel IV GewO ist für solche "Minijahr- oder Spezialmärkte" einfach nicht vorgesehen. So wurde das hier bei ähnlichen Veranstaltungen, wo die Zahl der erforderlichen Anbieter für eine Festsetzung nach § 69 GewO einfach zu gering war, in der Vergangenheit öfter gelöst. Gebührenpflichtig sind diese Ausnahmen auch. Die sachliche Zuständigkeit in NRW ist mir allerdings nicht bekannt.

Problematisch wird es in der Tat dann, wenn diese "Gemengelage" auch noch auf Sonn- oder Feiertage ausgedehnt werden soll. Da schließe ich mich SteBa an; dann gibt es für die gewerblichen Mitanbieter kaum eine legale Chance auf Teilnahme an solchen Tagen. Feiertagsrechtliche Ausnahmen gelten nicht für Gewerbetreibende.
Ob dann möglicherweise ein "Verkaufsoffener Sonntag" nach dem Ladenöffnungsgesetz NRW eine theoretische Möglichkeit wäre, kann ich nicht beurteilen. Zumindest darf danach ja in NRW zumindest ein Adventssonntag freigegeben werden -in Niedersachsen ist das nicht zulässig smile -



Geschrieben von Sigi2910 am 21.11.2017 um 09:08:

  RE: Festsetzung von kleinen "Festen"

Zitat:
Original von Uwe Matthies
Moin
Ob dann möglicherweise ein "Verkaufsoffener Sonntag" nach dem Ladenöffnungsgesetz NRW eine theoretische Möglichkeit wäre, kann ich nicht beurteilen. Zumindest darf danach ja in NRW zumindest ein Adventssonntag freigegeben werden -in Niedersachsen ist das nicht zulässig smile -

Das halte ich nun für gar nicht möglich. Ich kenne zwar die Rechtslage in NRW oder Niedersachsen nicht so genau. Aber ich gehe mal von BW aus und da heißt es in § 8 Abs. 1 LadÖG BW, dass Verkaufsstellen „aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ an jährlich höchstens drei Sonn- und Feiertagen geöffnet sein dürfen. So weit, so gut. Mann muss halt ein Fest(chen) kreieren, das zum Anlass genommen wird, einen verkaufsoffenen Sonntag durchzuführen. Aber dann gibt es da noch die Rechtsprechung des BVerwG. Das hat in seinem Urteil vom 11.11.2015 - ausgehend von der Rechtsprechung des BVerfG zu Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) - seine bisherige Rechtsprechung zum Vorliegen eines hinreichenden Anlasses für die Gestattung einer Sonn- oder Feiertagsöffnung enger gefasst. Bei der Anwendung des § 8 LadÖG BW muss nun nicht mehr nur in den Blick genommen werden, ob die Veranstaltung, wegen derer eine Ladenöffnung erlaubt wird, einen beachtlichen Besucherstrom auslöst. Vielmehr darf das Tatbestandsmerkmal „aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ nur dann angenommen werden, wenn die Veranstaltung, wegen der die Ladenöffnung gestattet wird, in der öffentlichen Wahrnehmung im Vordergrund steht und die Ladenöffnung sich als bloßer Annex darstellt. Diese Voraussetzungen können in der Regel nur dann angenommen werden, wenn eine von der Verwaltung anzustellende Prognose ergibt, dass der Besucherstrom, den die Veranstaltung für sich genommen auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen.


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