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Geschrieben von Jannes am 03.05.2017 um 17:04:

  Eine Jägerin möchte Brühwürste herstellen

Hallo liebe Freunde aus der Exekutive,

eigentlich ein sehr kurzer Sachverhalt, der aber viele Fragen aufwirft:
Eine Jägerin schießt Wild und kann nach Bekunden Ihrer Familie und Freunde daraus sehr leckere Brühwürste fabrizieren. Aber, zu mehr als drei Grillpartys im Jahr will man dann doch nicht einladen, sondern vielleicht bei der Weitergabe dann doch etwas dafür verlangen.

Ist das Urproduktion, denn das Wild wird ja nicht produziert, sondern dem Wald entnommen?
Ist es ein Gewerbe?
Und wenn es ein Gewerbe ist, ist es dann vielleicht sogar Handwerk? Ist die Frau durch die Wurstherstellung als Metzger oder Fleischer tätig?

Gehen die Extreme wirklich von einem "machen Sie was Sie wollen" über ein "dann kommen Sie mal anmelden" bis zu einem "jetzt fahren Sie mal zur Handwerkskammer und versuchen Sie sich dort als Metzgerin eintragen zu lassen"?



Geschrieben von sme40 am 04.05.2017 um 07:15:

 

Guten Morgen,

für mich klare Urproduktion und zudem mit fast privatem Charakter.
Die Jägerin macht genau das, was hunderte, wenn nicht gar tausende Jäger ebenfalls tun. Nur die wenigsten treten im großen Stil und damit ggf. gewerblich auf.
Im vorliegenden Fall würde ich auf die Lebensmittelkontrolle hinweisen und ferner einen Hinweis auf das Finanzamt geben.

Gruß



Geschrieben von VeSa am 04.05.2017 um 07:35:

 

Moin

Interessante Sache.
Mal so ganz spontan würde ich sagen: Urproduktion erfordert "eigene" Tiere/Zucht, Früchte, Weihnachtsbäume, was auch immer. Davon kann hier m.E. keine Rede sein. Dazu käme dann, dass grundsätzlich ab Überschreiten einer Zukaufsgrenze von 10% aus jeder Urproduktion ein Gewerbe wird.
Je nachdem wie das im Einzelfall aussieht würde ich schon dazu tendieren zu sagen es handelt sich um ein Gewerbe.
Letztlich ergäbe sich sonst eine Umgehungsmöglichkeit der Meisterpflicht des Fleischers. Ohne genau zu wissen wie dieser laut HWO definiert ist. Aber wenn das Zerlegen eines Tieres und das anschließende Wurst machen aus dem Fleisch nicht unter das Fleischerhandwerk fällt, was dann?!
Sobald also die typischen Gewerbemerkmale vorliegen, insbesondere Gewinnerzielungsabsicht (die ich hier allerdings unterstelle), würde ich sagen Anmeldung erforderlich, ergo auch ein Meistertitel.

Bin offen für einen Gedankenaustausch Applaus



Geschrieben von sme40 am 04.05.2017 um 07:39:

 

Moin,

sorry, ich sehe das als Bagatelle. Wie viele Jäger haben denn ein Gewerbe angemeldet?
Zudem ist es Jägerhandwerk, fach- und waidgerecht das erlegte Wild zu verarbeiten.
Ich würde hier nicht die große Keule rausholen. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass der Jagdverband oder andere Institutionen das genauso sehen.

Gruß



Geschrieben von Roland Kissau am 04.05.2017 um 15:17:

 

Moin aus Hückeswagen!

nach diesem Fachbeitrag http://jagdtipp.de/tipps_und_tricks/wildkammer/204023/wildbrethygiene/ eines scheinbaren Fachmannes geht das wohl nicht so ohne weiteres.
Wahrscheinlich kann die Lebensmittelbehörde und/oder der Landesjagdverband hier noch hilfreiche Infos geben.

einen schönen SchlaDo wünscht
Roland Kissau



Geschrieben von HWK-CB am 04.05.2017 um 16:17:

 

Das ist sogar meisterpflichtiges Fleischerhandwerk, da die Urproduktion verlassen wird.

"Keine Urproduktion liegt ferner dann mehr vor, wenn der Betrieb in die zweite oder dritte Verarbeitungsstufe übergeht, wenn also die Schweinehälten weiter zerlegt oder zu Fleisch- und Wurstwaren verarbeitet werden." Kommentar zur Handwerksordnung Honig - als Abgrenzung Landwirtschaft / Urproduktion zum Gewerbe und Handwerk.



Geschrieben von domar am 05.05.2017 um 12:39:

 

Kein leichtes Thema. Tendenziell würde ich es auch eher der Urproduktion zuordnen.

Genauer betrachtet kommt man irgendwann zu der Erkenntnis, dass das Fleischerhandwerk sowie das Bäckerhandwerk bezogen auf die Handwerksordnung und deren Vollzug auf einem dürren Ast sitzen. Keine Behörde kann sie mehr schützen.

Jeder Landwirt betreibt mittlerweile mit mehr oder weniger Erfolg eines oder meist beide Handwerke zusammen als Urproduktion und vermarktet die Waren dementsprechend auf dem Wochenmarkt. Es wird Roggenbrot gebacken, obwohl hier seit Jahren kein Roggen mehr angebaut wird. Letztendlich wird auch mehr an Vieh geschlachtet, als an Weiden zu Verfügung steht in dem man sich noch zusätzlich Vieh liefern lässt.

Mich hat hier vor Jahren ein Fleischermeister sensibilisiert darauf zu achten, nachdem er seinen Gesellen entlassen musste und der Bauer im gleichen Dorf noch eine Lieferung Schweine bekommen hat. Er müsse Auflagen erfüllen, die für Bauern nicht zählen würde, weil kein Gewerbe. Es lässt sich aber auch schlecht verfolgen. Wer will das überprüfen, ob und was produziert wird.

Die Lobby wird hier dementsprechend einwirken, dass es Urproduktion sein wird. Die Bauern leben auch davon und sind in mehreren Gewerken unterwegs, ohne das sie jemand stört, weil ganz einfach keine Zeit, oder Personal da ist.

Anmerkung: Meine Betrachtungsweise muss nicht richtig sein...!



Geschrieben von Civil Servant am 05.05.2017 um 14:16:

 

Auch die HWO greift nur, wenn man ein Gewerbe unterstellt. Damit wären wir wieder bei der Ausgangsfrage. Ein paar Gedanken:

Die Abschüsse von Reh- u. Rotwild sind limitiert. Beim Schwarzwild nicht. Es gibt für fast alle Wildarten Schonzeiten. Die Jägerin kann also hier nicht den großen Handel aufziehen.

Erfahrungsgemäß beliefern die Jäger ihr Umfeld, mit Wildfleisch - aber nur zerlegt (Urproduktion) und sie liefern nur, wenn gerade etwas anfällt an Leute auf Wartelisten. Das Entgelt, dass hier kassiert wird, deckt auch nicht ansatzweise die Kosten, die für die Jagdpacht und ggf. Wildschadenersatz aufgewendet werden.

Von welchen Mengen Wurst reden wir dann noch und von Umsätzen in welcher Höhe?

Noch liegen in dem Fall nicht alle Informationen vor. Tendenziell würde ich aber nicht von einer Gewerbemeldepflicht ausgehen. Von diesen Dingen wahrscheinlich unberührt: Das Lebensmittelrecht.


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