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Geschrieben von nperl am 05.01.2007 um 10:23:

Fragezeichen Lagerverkauf über einen kurzen Zeitraum

Hallo! Ich bin ganz "frisch" im Gewerbewesen und freue mich über dieses Forum! Ich werde dieses sogleich in Ansrpuch nehmen.
Ich habe einen Gewerbetreibenden, der für 6 Wochen eine andere Räumlichkeit als seine Betriebsstätte gemietet hat um dort einen Lagerverkauf zu machen. Er weiß noch nicht, ob er dies wiederholen wird und falls ja dann auf jeden Fall im Stadtgebiet. Wie wird das in anderen Gemeinden gehandhabt? Vielen Dank und Grüße aus Franken!
Danke



Geschrieben von portawestfalica am 05.01.2007 um 13:20:

  RE: Lagerverkauf über einen kurzen Zeitraum

Hallo und wilkommen im Forum mperl!

Da der gute Mann bereits ein Gewerbe angemeldet hat und somit in Verbindung mit Finanzamt etc. steht würde ich davon absehen ihn zur Anmeldung einer Zweigstelle aufzufordern, da der Zeitraum ja konkret auf sechs Wochen begrenzt ist und die Tätigkeit daher nicht auf Dauer angelegt ist. Somit liegt ein Hauptkriterium für ein anzeigepflichtiges Gewerbe nicht vor.

Mich würde allerdings interessieren, ab welchem Zeitpunkt man von "Dauer" spricht. Ich habe hier in PW zwei Baufirmen, die für konkrete Projekete (Dauer ca. 6 Monate bis ein Jahr) regelmüßig als GbR ein Gewerbe anmelden, was nach Abschluß der Maßnahme wieder abgemeldet wird. Normalerweise könnte das meiner Ansicht nach auch ihne Anzeige laufen. Aber vielleicht kann mich ja jemand eines Besseren belehren.

Viele Grüße aus Porta Westfalica sendet
Matthias Rinne



Geschrieben von Jörg Wiesemeier am 07.01.2007 um 14:12:

  RE: Lagerverkauf über einen kurzen Zeitraum

Hej aus Hamm und willkommen im Forum,

bei 6 Wochen würde ich schon anfangen, über eine Gewerbeanmeldung nachzudenken. Ich denke, dass das der max. nichtmeldepflichtige bei rd. 6 Wochen liegt. Bzgl. der 6-Monate-GbR gibt es keine Diskussion, die muss anmelden.



Geschrieben von portawestfalica am 08.01.2007 um 07:49:

  RE: Lagerverkauf über einen kurzen Zeitraum

@Herrn Wiesemeier

Hallo Herr Wiesemeier,

rein gefühlsmäßig würde ich das auch so sehen, möchte hier aber noch mal etwas ins Detail gehen.
Wenn der Verkauf täglich (also 6 x die Woche stattfindet) könnte man (würde ich nicht tun) eine Anzeige fordern. Wenn der Gewerbetreibende aber z.B. nur jeden Samstag über einen Zeitraum von 6 Wochen verkauft würde ich keine Anzeige fordern, da ja ein erheblich geringerer Umsatz vorliegen wird und wesentlich weniger Arbeitsleistung erbracht wird.

Viele Grüße aus dem dunklen Porta Westfalica
Matthias Rinne



Geschrieben von Kramer-Cloppenburg am 08.01.2007 um 13:06:

 

Hallo! ...... und ein freundliches Moin aus Cloppenburg!

Den bisherigen Ausführungen könnte ich mich insoweit anschließen, wenn es sich hierbei um ein Unternehmen aus "meiner" Stadt handelt.

Wenn es Gewerbetreibende sind, die von außerhalb nur für einen gewissen Zeitraum einen "Lagerverkauf" machen wollen, haben wir hier das typische Wanderlager (s. auch Ausführungen in meinem Lieblingskommentar zu § 56 a GewO). Auch Wanderlager können durchaus bis zu sechs Wochen dauern.



Geschrieben von René Land am 09.01.2007 um 00:06:

 

Hallo zusammen,

das ist ja eine wirklich interessante Thematik.

Zunächst mal zum Problem des 6-Wochen-Verkaufes von nperl:

Beim ersten Durchlesen habe ich "aus dem Bauch heraus" sofort an § 56a GewO gedacht. Der wäre einschlägig, wenn der Gewerbetreibende im Reisegewerbe (also außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben.... (§ 55 GewO) ) durch öffentliche Ankündigung auf ein Wanderlager zum Vertrieb von Waren hinweist (§ 56a Abs. 2 GewO).

Ich habe aus dem Beitrag von nperl herausgelesen, dass der Gewerbetreibende (wohl) bei ihm schon mit einer Betriebsstätte gemeldet ist. (Bitte ggf. noch mal posten, ob ich richtig interpretiere). Aus der Bezeichnung Lagerverkauf entnehme ich, dass es wohl um Waren geht .

Wichtig wäre noch zu wissen, ob für den Lagerverkauf eine gesonderte öffentliche Ankündigung (Zeitungsinserat, Plakate, Handzettel, Rundfunk- oder Fernsehwerbung) erfolgt.

Sind die vorgenannten Punkte (außerhalb der gewerblichen Niederlassung, Vertrieb von Waren, öffentliche Ankündigung) erfüllt, handelt es sich meiner Auffassung um ein Wanderlager, wenn der Gewerbetreibende die Räume nur kurzzeitig nutzt und bereits jetzt plant, die „Veranstaltung“ noch einmal anderswo zu wiederholen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob dies in der gleichen Stadt passieren soll.

Zur Frist in Bezug auf die Abgrenzung des Reisegewerbes zum stehenden Gewerbe gibt es in Landmann/Rohmer, Komm. zur GewO, § 56a RdNr. 25 und 26 mehr oder weniger erhellende Ausführungen. Hier wird auf die in der Muster-ReisegewVwV unter Nr. 5 angeführte 6-Wochen-Frist als Orientierungsmaßstab abgestellt. Gleichwohl wird unter RdNr. 26 das Festmachen einer diesbezüglichen Entscheidung allein an der Zeitdauer wieder relativiert. Es kommt - wie so oft - auf die Umstände des Einzelfalls an.

Bei der angegebenen 6-Wochen-Frist würde ich in der Regel noch Reisegewerbe annehmen, wenn die weiteren Umstände (siehe oben) hinzukommen.

Freilich kann man auch zum Ergebnis kommen, dass es sich um stehendes Gewerbe handelt, wenn man nur von der Frist-Frage ausgeht. Hier habe ich jedoch schon in Bezug auf die bereits jetzt geplante Durchführung an einem weiteren Ort meine Bedenken.

In jedem Fall würde ich entweder die Anzeige für eine Betriebsstätte nach § 14 GewO (bei Interpretation als stehendes Gewerbe) oder aber eine Anzeige nach § 56a GewO (bei Interpretation als Reisegewerbe) fordern. Einen Verzicht auf jedwede Anzeigepflicht halte ich für rechtlich bedenklich.

Unter dem Gesichtspunkt einer „unbürokratischen“ Handhabung werden sicherlich viele Kollegen den Weg über das stehende Gewerbe einschlagen. Aber auch das wiederholte An- und Abmelden der Betriebsstätten kann ins Geld und in die Zeit gehen. geschockt

Aber auch im Falle der Interpretation der Tätigkeit als Reisegewerbe kann man dem Gewerbetreibenden ein wenig "zur Seite springen", da dieser höchstwahrscheinlich nicht über die notwendige Reisegewerbekarte verfügt. Hier könnten § 55a Abs. 1 Nr. 3 GewO oder § 55a Abs. 2 GewO weiterhelfen. Der Ausnahmetatbestand des § 55a Abs. 1 Nr. 3 GewO dürfte jedoch wegen > 10.000 Einwohner bei Ihnen wohl nicht greifen großes Grinsen .

Nach § 55a Abs. 2 GewO kann jedoch die zuständige Behörde auf Antrag des Veranstalters eine Ausnahme vom Erfordernis der Reisegewerbekarte zulassen.

Kosten- und Aufwandsseitig dürften sich insofern beide Verfahrensweise die Waage halten.

P.S. Zu dem von portawestfalica angesprochenen 6-Monate-GbR-Problem sollte man vielleicht sogar noch mal einen separaten Thread aufmachen Aufruf . Hier steckt viel Diskussionsstoff drin

Freundliche Grüße

R. Land



Geschrieben von Jörg Wiesemeier am 09.01.2007 um 06:36:

 

Verdammte Tat, ans Wanderlager habe ich gar nicht gedacht. Da fallen mir immer nur die Unternehmer ein, die nördlich von uns angesiedelt sind und deren Ordnungsamtsmitarbeiter einen Lieblingskommentar hat .

Aber ihr habt Recht.

Entweder Anzeige nach 14 oder Wanderlager.



Geschrieben von nperl am 09.01.2007 um 07:14:

 

und vielen lieben Dank für die Antworten, das ging ja fix!
Als absoluter "Frischling" muss ich zugeben, dass ich mit den Wanderlagern noch nicht viel zu tun hatte. Die Kriterien wären insoweit erfüllt, also außerhalb der gewerblichen Niederlassung und auch Flyer wurden verteilt (so sind wir ja erst aufmerksam geworden...) und auch um Waren handelt es sich... Wo ich mir aber nun nicht sicher bin:
Er hat dies nur 6 Wochen gemacht und noch nicht geplant dies zu wiederholen. Er weiß es selbst nicht ob er das wieder machen will oder wird. So würde ich nun vom stehenden Gewerbe und einer Anzeige nach § 14 ausgehen... nur, kann ich bei einem kurzen Zeitraum von nur 6 Wochen dann von regelmäßig wiederkehrend sprechen?
Vielen lieben Dank
Augen rollen nperl (ich bin eine SIE...)



Geschrieben von Stadtverwaltung Frankenthal am 08.06.2010 um 09:25:

  Lagerverkauf über eine kurzen Zeitraum

Moin

in der Tageszeitung haben wir eine Anzeige entdeckt für einen Lagerverkauf über 14 Tage... habe dann sofort an ein nicht angezeigtes Wanderlager gedacht...

da es sich um eine bekannte Firma aus D.....dorf handeln dürfte, hätte mich vorab ein Mal interessiert, ob diese Firma bei euch auch schon in Erscheinung getreten ist...

Danke



Geschrieben von Civil Servant am 08.06.2010 um 14:22:

 

Kollege Land hat zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die 6-Wochen-Frist, die stehendes Gewerbe vom Reisegewerbe und vom Wanderlager trennt nur eine Richtschnur ist. Dem stimme ich zu und möcht ergänzen, dass die Art der Werbung weiter Rückschlüsse bei der Abgrenzung erlaubt.

Wer demnach etwa so wirbt:
- Alles muss raus
- Nur jetzt hier und heute
- Wir müssen schließen
und dadurch verdeutlichet, dass er den örtlich oder regional ansässigen potentiellen Kundenstamm kurzfristig abschöpfen will, der ist tendienziell eher dem § 56a GewO zu unterwerfen.

Wir haben in einem solchen Fall den § 56a schon einmal angewandt, bei einem Gewerbetreibenden, der drei Monate vor Ort war.

Gruß aus Mittelhessen

Frank Schuster



Geschrieben von Stadtverwaltung Frankenthal am 15.06.2010 um 14:22:

  Lagerverkauf über eine kurzen Zeitraum

Moin

die Fa. Q.. aus D. hat auf unsere Anhörung inzwischen reagiert...sie hat angegeben, dass sie in Baden-Württemberg auch bereits solche Lagerverkäufe durchgeführt hätten und ihnen dort gesagt worden sei, sie bräuchten keine seperate Anmeldung als Wanderlager...

kann dies ein/e Kollege/in aus Baden-Würtemberg bestätigen?

kann dies daran liegen, dass in den Räumlichkeiten bereits ein "Restpostenhandel" nach § 14 GewO angemeldet ist? Ich habe inzwischen im Kommentar (Landmann/Rohmer, Randnummer 23 zu § 56 a GewO) etwas entsprechendes gefunden...das Angebot des Wanderlagers muss demnach im Umkehrschluss von dem regulären Warenangebot abgegrenzt werden könne... oder habe ich da was falsch verstanden? Bräuchte dringend Denkhilfe!
Danke



Geschrieben von Garten am 24.02.2015 um 14:58:

 

Halli Hallo,

ich möchte das Thema noch einmal kurz aufleben lassen. Mir geht es allerdings nicht um Wanderlager sondern um die Definition "auf Dauer angelegt".

In meinem Amtsbereich habe ich eine Person, die seit November letzten Jahres ihr Catering Gewerbe ausübt. Es hat sich herausgestellt, dass das Gewerbe mit Hauptniederlassung bereits in einem anderen Amtsbreich angemeldet wurde. Dort wird jetzt allerdings umgebaut, sodass sie nur übergangsweise einen Pachtvertrag (befristet bis Ende Februar) für die Räume hier abgeschlossen hat. Somit wären das 4 Monate, die sie bei uns tatsächlich tätig sind.
So nun habe ich aber jetzt erst, kurz vor Ende, davon erfahren und bin am überlegen, ob ich wirklich noch rückwirkend eine Gewerbeanmeldung tätigen lasse und nächste Woche wieder die Abmeldung.
Die Tätigkeit und die Dauer von 4 Monaten sind ja eigentlich gewerblich einzustufen, sodass es zumindest eine Zweigniederlassung wäre.
Oder könnte man sagen die Tätigkeit ist nicht auf Dauer angelegt, da im vorraus bereits der Pachtvertrag für 4 Monate geschlossen wurde? Also das Ende abzusehen ist?


Danke schon mal für eventuelle Antworten smile
Grüße von der Insel



Geschrieben von Civil Servant am 24.02.2015 um 15:17:

 



eines ist Gewiss: Der Begriff der Dauerhaftigkeit fordert nicht, dass ein Gewerbe "open end" betrieben wird. In einem anderen Fall, in dem es auch um die Abgrenzung des stehenden zum Reisegewerbe (Wanderlager) ging, wurde eine Grenze von etwa sechs Wochen gezogen. Darunter = Reisegewerbe. Darüber = stehendes Gewerbe = Meldepflicht nach § 14 GewO.

Je nach Lage des Einzefalls sind da aber Abweichungen möglich.


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