Forum-Gewerberecht (https://www.forum-gewerberecht.de/index.php)
- Gewerberecht (https://www.forum-gewerberecht.de/board.php?boardid=3)
-- Stehendes Gewerbe (allgemein) (https://www.forum-gewerberecht.de/board.php?boardid=18)
--- Autorentätigkeit (https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?threadid=12511)


Geschrieben von Schriftstellerin2 am 29.07.2014 um 14:57:

Fragezeichen Autorentätigkeit



wann ist eine Autorentätigkeit (Schriftstellerei) ein Gewerbe und
wann nicht?


Danke



Geschrieben von Steffen Balzer am 29.07.2014 um 16:06:

 

Schriftsteller/Autoren und Journalisten unterliegen der höheren schriftstelleriichen Tätigkeit. Erst wenn es um das Verlegen von Medien geht, kann und wird wahrscheinlich auch der Gewerbebetriff tangiert. Jedoch wird hier dem Künstler auch eingeräumt seine geschaffenen Kunstwerke wirtschaftlich zu verwerten.

LG

Steffen Balzer



Geschrieben von Schriftstellerin2 am 29.07.2014 um 16:41:

 

Danke das kann aber nicht stimmen.
Die Gewerbebehörde bejaht ein Gewerbe mit folgender Begründung:

"Den freien Berufen zuzuordnen sind freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern. Unter höherer Bildung ist grundsätzlich ein abgeschlossenes Hochschul - oder Fachhochschulstudium zu verstehen".

Im Internet steht immer nur was von freiberuflich.
Was versteht man unter einer "höheren schriftstellerichen Tätigkeit"?
Weißnicht



Geschrieben von Thomas Mischner am 29.07.2014 um 16:59:

 

Hallo,

eine Unterscheidung zwischen "höherer" und "niederer(?)" schriftstellerischer Tätigkeit gibt es nicht. Jede schriftstellerische Tätigkeit ist (aus gewerberechtlicher Sicht) ein freier Beruf.

Der Satz
Zitat:
"Den freien Berufen zuzuordnen sind freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern. Unter höherer Bildung ist grundsätzlich ein abgeschlossenes Hochschul - oder Fachhochschulstudium zu verstehen".

wurde nicht korrekt zitiert.
Vielmehr muss es heißen:
"Den freien Berufen zuzuordnen sind freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern. Unter höherer Bildung ist grundsätzlich ein abgeschlossenes Hochschul - oder Fachhochschulstudium zu verstehen."
Siehe einschlägige Kommentierungen zur Gewerbeordnung (z. B. Friauf, § 1 Rn. 174).



Geschrieben von Schriftstellerin2 am 29.07.2014 um 17:19:

 

Danke das Amt meint aber:

"erfordert keine höhere Bildung und ist keine Tätigkeit höhere Art"= Gewerbe.

Scheint wohl doch noch andere Regelungen zu geben.

Wand



Geschrieben von Thomas Mischner am 29.07.2014 um 17:27:

 

Das Erfordernis einer höheren Bildung ist nur bei den "Dienstleistungen höherer Art" (also z. B. Ingenieurberufen) relevant.
Das ist in jeder Kommentierung zur Gewerbeordnung nachzulesen und sollte auch für die betreffende Gewerbebehörde nachvollziehbar sein. Eine Fundstelle habe ich ja bereits genannt.



Geschrieben von Steffen Balzer am 29.07.2014 um 17:32:

 

Dazu möchte ich mich nochmal äußern.

Nach Landmann/Rohmer gibt es hierzu eine kleine Unterscheidung.

Landmann/Rohmer § 14 Rdn. 24 sagt zu den drei Themengebieten folgendes.

Eine wissenschaftliche Tätigkeit höherer Art lässt sich leicht unterscheiden zu einer niedrigen Tätigkeit und dies geschieht durch eine entsprechende Ausbildung.

Bei der künstlerischen Tätigkeit sagt Landmann/Rohmer das eine Unterscheidung nicht möglich ist und hier "Kunst"-Freiheit existiert. Dazu gibt es einen entsprechenden Kunstbegriff.

Bei der schriftstellerischen Tätigkeit ist es ein Zwischending. Eine konkrete Unterscheidung zwischen höherer und niedrigeren Tätigkeit ist nicht möglich.

Hier werden schriftstellerische Tätigkeiten wie z.B. Trivial- und Weltliteratur als freiberufliche Tätigkeit gelten, da auch diese als freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch dieses Medium durch unmittelbare Anschauung gebracht werden, anzusehen sind.

Ich weiß auch, dass einige Kollegen Sach- und Lehrbücher eher zum gewerblichen Teil zählen, da die persönliche Prägung durch den Schriftsteller kaum zur Geltung kommt.

Dies wollte ich der Vollständigkeit aufführen, ich persönlich fahre im schriftstellerischen Bereich eher die Meinung vom Kollegen Mischner.

LG

Steffen Balzer



Geschrieben von Raindancer am 29.07.2014 um 19:17:

 

Zitat:
Original von Steffen Balzer
... Hier werden schriftstellerische Tätigkeiten wie z.B. Trivial- und Weltliteratur als freiberufliche Tätigkeit gelten, da auch diese als freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch dieses Medium durch unmittelbare Anschauung gebracht werden, anzusehen sind. ...


Hallö,

dem oben Gesagten würde ich auch sofort beitreten. Der "Schriftsteller", der etwas erschafft, ob nun eine triviale Geschichte oder ein Roman der Weltliteratur ist m.E. unerheblich, ist "Künstler" und nicht Gewerbetreibender.

...aber, ein "Autor", der ein "Fachbuch" über bspw. irgendein mathematisches Fachgebiet ein Schriftwerk erstellt, ist m.E. KEIN "Schriftsteller" im Sinne des gewerberechtlichen Kunstbegriffs. Er stellt Sachverhalte dar, wie etliche andere Autoren, aber er "erschafft" nichts, er leistet bei einem Sachbuch keinen schöpferischen Akt im Sinne von künstlerisch. Diese "Sachbuchautoren" sind m.E. schlichte Gewerbetreibende.
Es mag hierbei einige ganz wenige Ausnahmen geben, bei Büchern zu ganz besonderen Themen, die tatsächlich eine höhere Ausbildung erfordern, ...

... meine Sichtweise ... zu diesem Thema.



Geschrieben von Thomas Mischner am 30.07.2014 um 08:10:

 

Hallo,

Zitat:
Original von Raindancer Der "Schriftsteller", der etwas erschafft, ob nun eine triviale Geschichte oder ein Roman der Weltliteratur ist m.E. unerheblich, ist "Künstler" und nicht Gewerbetreibender.

...aber, ein "Autor", der ein "Fachbuch" über bspw. irgendein mathematisches Fachgebiet ein Schriftwerk erstellt, ist m.E. KEIN "Schriftsteller" im Sinne des gewerberechtlichen Kunstbegriffs. Er stellt Sachverhalte dar, wie etliche andere Autoren, aber er "erschafft" nichts, er leistet bei einem Sachbuch keinen schöpferischen Akt im Sinne von künstlerisch.


Dem kann ich nicht so recht zustimmen. In der Aufzählung der freien Berufe wird m. E. die schrftstellerische Tätigkeit nicht ohne Grund eigens neben der künstlerischen genannt. Das bedeutet, dass jede schriftstellerische Tätigkeit ungeachtet der Frage, ob sie zugleich Kunst ist, einen freien Beruf darstellt. Auch der Autor eines Fachbuches wird schließlich (von Plagiatoren abgesehen ) schöpferisch tätig.



Geschrieben von J. Neu am 30.07.2014 um 11:58:

 

Hallo,

das Bundesverwaltungsgericht hat den Gewerbebegriff in seinem Urteil vom 12.07.1973 - BVerwG I C 23.72 - und in Fortführung seiner Rechtsprechung (Urt. v. 24.06.1976, Az.: BVerwG I C 56.74 und zuletzt BVerwG 8 C 8.12 wie folgt definiert:

"Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung ist die auf dauernde Gewinnerzielung gerichtete, fortgesetzt ausgeübte selbständige Tätigkeit mit Ausnahme der Urproduktion, der freien wissenschaftlichen, künstlerischen und schriftstellerischen Tätigkeit höherer Art, der persönlichen Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern, und der bloßen Verwaltung eigenen Vermögens."

Bei der praktischen Umsetzung, ob es sich im konkreten Fall um eine schriftstellerische Tätigkeit höherer Art handelt, würde ich allerdings keinen allzu strengen Maßstab anlegen und im allgemeinen Autoren als Freiberufler ansehen.

Viele Grüße
J. Neu



Geschrieben von Thomas Mischner am 30.07.2014 um 12:15:

 

Zitat:
der freien wissenschaftlichen, künstlerischen und schriftstellerischen Tätigkeit höherer Art

Insoweit weicht der Wortlaut tatsächlich von der mir bekannten Kommentierung ab. Es fragt sich nur, ob das BVerwG mit den Worten „höherer Art“ irgendeine Wertung ausdrücken wollte. Dies würde voraussetzen, dass es auch wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeiten niederer Art gibt. Und anhand welcher Kriterien wollte man diese voneinander abgrenzen?

Eine sehr treffende Abhandlung ist zu diesem Thema vor langer Zeit im "Gewerbearchiv" erschienen (v. Ebner: Musikanten – Musiker: Gewerblich oder freiberuflich Tätige?, GewArch 1994, S. 393). Darin kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass eine Forderung nach einem gewissen „Qualitäts-„ bzw. „Fähigkeits-Standard“, der im Ergebnis auf die Unterscheidung „Kunst höherer/niederer Art“ hinausliefe, unzulässig ist.

Auch zu dem hier angesprochenen Thema der höheren Bildung äußert sich der Autor:
„Es kommt auch nicht etwa darauf an, ob es sich um Musik handelt, die eine bestimmte Ausbildung erfordert – etwa im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes für die eingangs genannten „sonstigen Dienstleistungen höherer Art“, die eine höhere Bildung erfordern, …. . Dies mag zwar bei den letztgenannten Dienstleistungen in der Regel notwendig sein. Für die Annahme „künstlerischer Musikdarbietungen“ im Bereich des Gewerberechts ist eine solche Ausbildung (die weder Bach noch Beethoven … absolviert haben) jedenfalls nicht erforderlich.“
Dies dürfte entsprechend auch auf die Schriftstellerei anwendbar sein.



Geschrieben von Steffen Balzer am 30.07.2014 um 13:16:

 

Zitat:

Original von Thomas Mischner
Eine sehr treffende Abhandlung ist zu diesem Thema vor langer Zeit im "Gewerbearchiv" erschienen (v. Ebner: Musikanten – Musiker: Gewerblich oder freiberuflich Tätige?, GewArch 1994, S. 393). Darin kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass eine Forderung nach einem gewissen „Qualitäts-„ bzw. „Fähigkeits-Standard“, der im Ergebnis auf die Unterscheidung „Kunst höherer/niederer Art“ hinausliefe, unzulässig ist.


Dieses Problem sehe ich auch bei Dienstleistungen höherer Art. Gerade im Bereich der IT gibt es viele die sich autodidaktisch mehr angeeignet haben als ein Studium mit sich bringt. Jedoch dies zu beurteilen ist natürlich unmöglich.
Ich denke das hier weiträumig überlegt werden sollte, ob es nicht eine bessere Möglichkeit gibt zwischen Freiberuf und Gewerbe zu unterscheiden und ob dies überhaupt noch sinnvoll ist...

Aber das ist ein Thema für sich.



Geschrieben von René Land am 01.08.2014 um 12:53:

 

Zitat:
Original von Steffen Balzer

Ich denke das hier weiträumig überlegt werden sollte, ob es nicht eine bessere Möglichkeit gibt zwischen Freiberuf und Gewerbe zu unterscheiden und ob dies überhaupt noch sinnvoll ist...

Aber das ist ein Thema für sich.


Das ist ein spannendes Thema für die Bundesfachtagung im Oktober.



Geschrieben von BernshausenL am 27.05.2015 um 08:59:

 

Hallo zusammen,

ich habe nochmal eine Frage im Zusammenhang mit der Freiberuflichkeit von Autoren. Habe die Anfrage eines Bürgers bekommen, ob ein Gewerbe anzumelden ist oder nicht. Das Finanzamt hat ihm die Auskunft gegeben, dass eine Anmeldung vorzunehmen ist. Jetzt bin ich etwas verunsichert, ob eine Anmeldung vorzunehmen ist oder nicht.

Folgender Sachverhalt: Der Herr hat Kurzgeschichten geschrieben und diese in einem 80-seitigen Taschenbuch zusammengefasst. Dieses möchte er verständlicherweise verkaufen. Meiner Meinung nach ist dies alles freiberuflich, schreiben und verkaufen. Würde ja sonst auch wenig Sinn machen wenn nur das Schreiben freiberuflich wäre

Jetzt ist die Frage: Gibt es eine Grenze, ab welcher man von Gewerblichkeit ausgeht, oder ist ein Schriftsteller Freiberufler, egal in welchem Umfang seine eigenen Werke veräußert werden?

Danke vorab für Antworten anbeten



Geschrieben von BE-DE am 27.05.2015 um 10:07:

 

Moin Moin von der D...

immer diese unbestimmten Rechtsbegriffe, obwohl dieser durch Gerichtsurteile und Kommentierungen schon ziemlich bestimmt geworden ist (s.o.)
Konkrete Grenzen gibt es im Gewerbereich nicht. Manche vermischen hier auch Gewerbe- und Steuerrecht. Kurzgeschichten schreiben ist ein eigener Ausfluss geistiger und schöpferischer tätigkeit und damit für mich kein Gewerbe.
Allerdings ist auch immer zu beachten, der Bürger darf dennoch Gewerbe anmelden, wenn er denn will. Es liegt in seiner Entscheidung, genau wie die Intensität. vielleicht reicht es gerade mal dazu, als "Hobby" deklariert zu werden.



Geschrieben von René Land am 27.05.2015 um 10:34:

 

Hallo nach NRW,

das Schreiben von Kurzgeschichten fällt nach meiner Meinung unstrittig unter den Kunstbegriff des Art. 5 GG (vgl. auch Marcks in Landmann/Rohmer, Komm. zur GewO, § 14 RdNr. 24, 68. El.).

Zum Kunstbegriff rechnet man neben dem Werkbereich (Schaffung des Kunstwerkes) auch den Wirkbereich. Letzterer umfasst die Verbreitung des Kunstwerkes.

Somit ist zumindest aus gewerberechtlicher Sicht keine Anzeigepflicht gegeben.

Freundliche Grüße

R. Land



Geschrieben von Runge am 27.05.2015 um 10:35:

 

Dass der Bürger auch ein Gewerbe anmelden darf, wenn er denn tatsächlich gar keins ausübt, sehe ich nicht so.

Regina Runge



Geschrieben von René Land am 27.05.2015 um 10:46:

 

Zitat:
Original von Runge
Dass der Bürger auch ein Gewerbe anmelden darf, wenn er denn tatsächlich gar keins ausübt, sehe ich nicht so.


Das ist vollkommen richtig.
Ich denke der Beitrag von Koll. BE-DE ist in die Richtung zu verstehen, dass bei Abgrenzungsproblemen zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit durchaus eine Gewerbeanziege akzeptiert werden kann.

Im vorliegenden Fall ist die Tätigkeit jedoch für mich eindeutig der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen.

Freundliche Grüße

R. Land



Geschrieben von BernshausenL am 27.05.2015 um 11:09:

 

Danke für die Antworten! Dann lag ich ja doch richtig smile

Danke



Geschrieben von Marcel Fromm am 14.07.2022 um 17:06:

 

Bei mir möchte eine Bürgerin wissen, ob sie für ihre schriftstellerische Tätigkeit eine Gewerbe-Anzeige benötigt. Sie schreibt ein Sachbuch über die richtige Technik von Makramee (Knüpftechnik), also eine Art Workshop für Makramee - nur eben zusammengefasst in einem Buch.

Ihre Bücher werden anschließend von einem Verlag gedruckt, veröffentlicht und verkauft. Sie erhält dann eine Provision pro verkauftem Buch.

Ich tendiere zu einer freiberuflichen Tätigkeit. Seht ihr das auch so?


Forensoftware: Burning Board 2.3.6 pl2, entwickelt von WoltLab GmbH