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Geschrieben von Roesje am 27.03.2014 um 14:22:

  Ersatzvornahme bei Gewerbeanmeldung?

Hallo Miteinander!

Also ich weiß ja nicht, was mit der Bevölkerung los ist...anscheinend interessiert sich diese immer öfter für behördliche Schreiben einen Furz.... Augen rollen

Ich habe hier mittlerweile mehrere Fälle, bei denen ich die Firmen aufgefordert habe ihr Gewerbe anzuzeigen und keiner der Unternehmen/Personen reagiert. wut

Ich mache es immer so, dass ich 2x auffordere mit Hinweis auf die OWI-Tatbestände und der Möglichkeit des Vwzwanges (normales Anschreiben, das 2. als Erinnerung deklariert), dann hau ich eine Aufforderung mit Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes (200€) per PZU raus um dann eine Zwangsgeldfestsetzung vorzunehmen und das weitere Zwangsgeld (300€) anzudrohen.

Eigentlich haben die Leute spät. beim gelben Briefchen bisher reagiert. Leider ist das bei insg. 4 Fällen nicht so.

In einem Fall habe ich sogar bereits 2x Zwangsgelder festgesetzt. Die Vollstreckung führt leider auch zu nichts. Mit Anträgen auf Ersatzzwangshaft bin ich sowie unsere Vollstreckungsstelle mittlerweile nicht mehr so voreilig, da wir uns bei einem GU-Fall diesbezüglich schon mal Mecker eingefangen haben, da fürs Gericht ein 3maliges Antreten des Vollstreckers ohne die Person zu erreichen zu wenig Vollstreckung ist...

Für mich als Gewerbe-SB stellt sich nun die Frage, wie es mit den Fällen weitergeht? Nach 2maligem erfolglosen Festsetzen von Zwangsgeldern als mildestes Mittel kämen nach dem VwVG noch die Ersatzvornahme oder unmittelbarer Zwang in Frage. Unmittelbarer Zwang scheidet für mich für bzgl. einer Gewerbeanmeldung aus. Ersatzvornahme bedeutet ja eigentlich, dass man eine Handlung ersatzweise für den Betroffenen vornimmt. Hört sich also schon mal passend an.

In meinen Fällen geht es lediglich um eine Gewerbeanzeige, für dessen Bescheinigung der Gewerbetreibende ganze 10,23 € bezahlen müsste.
Keine Ahnung, warum die Leute auf die Schreiben hin nicht wenigstens mal anrufen....soviel Vwaufwand und Kosten wegen so einem Pipifax Kopfkratz
Die GewO gibt die rechtliche Möglichkeit einer Gewerbean- oder -ummeldung v.A.w. leider nicht her (wäre m.E. aber mal echt sinnvoll), also brauche ich eine EMG und denke da an die Ersatzvornahme....

Wie sind eure Meinungen hierzu? Hat jemand vielleicht sogar schon mal sowas gemacht oder sonstige Ideen, wie ich mit solchen vehementen Anzeigeverweigerern umgehen kann?



Geschrieben von Runge am 27.03.2014 um 14:38:

 

Hallo @ Roesje,

war das in dem Fall, in dem ihr Mecker vom Gericht bekommen habt auch ein Zwangsgeld? Bei uns geht das bisher eigentlich immer problemlos. Bei der Gewerbeanmaldung als Ersatzvornahme hätte ich Bauchweh, da die GewO ein Handeln der Behörde in diesem Fall ja gerade nicht vorsieht. Allerdings als Zwangsmittel nach SOG??

Vielleicht könnt ihr dem Richter darlegen, dass es sich hier nicht um z.B. rückständige Gebühren, sondern um die Beendigung eines rechtswidrigen Zustandes geht?

Ich würde bei einem Zwangsgeld in so einem Fall auch ruhig höher ran gehen.

Regina Runge



Geschrieben von Renate Jacob am 27.03.2014 um 14:54:

 

Hallo Roesje,
da hat Regina Runge zu Recht Bauchschmerzen.
Eine Gewerbeanmeldung ansich ist weiter nichts als eine einseitige Willenserklärung.
Kommt die nicht, basteln wir einen VA, wir verlangen damit eine bestimmte Handlung, also die Gewerbeanzeige.
Gibt es keine Reaktion, können wir dann mit Zwangsmitteln arbeiten, aber das kann eigentlich nur Zwangsgeld sein und das kann ich so lange und so oft anwenden, bis der Betroffene es kapiert. Eine Ersatzvornahme kommt hier nicht in Frage.

Wichtig dabei ist, dass wir den Tatbestand der wirklicih ausgeübten Gewerbetätigkeit auch nachweisen können.

Was heißt bei euch in Niedersachen SOG ?


Eine schönen Restdonnerstag wünscht


Renate Jacob



Geschrieben von Roesje am 27.03.2014 um 15:01:

 

Ja war ein Zwangsgeld wegen Verstoß gegen eine GU. Die Vollstreckung war 3x vor Ort und hat 3x die Person nicht angetroffen und dann Uneinbringlichkeit attestiert und mir die Info gegeben, den Antrag beim Gericht zu stellen.
Das Gericht war der Meinung, dass das zu wenig sei und letztendlich nicht genug Vollstreckungsversuche durchgeführt worden sind.

Die GewO sieht kein Handeln der Behörde vor, da ja der Gewerbetreibende in der Pflicht ist. Aber genau dieser kommt der Pflicht ja nicht nach und dann können (müssen) wir als Behörde diese Anzeigepflicht mit Verwaltungszwang durchsetzen (eben weil die GewO keine An-/Ummeldungen v.A.w. kennt). Wenn ich Zwangsgelder festsetzen kann, muss ich doch auch eine Ersatzvornahme durchführen können, da diese ja genauso ein Zwangsmittel wie das Zwangsgeld darstellt. Oder nicht? So sehe ich das zumindest.

So wie du schreibst kann es ja eigentlich nicht sein, weil dann lehne ich mich demnächst zurück nach dem Motto "Wer anmelden möchte macht das und der Rest dann halt nicht, mir egal". nichts hören, nichts sehen... Dann brauchen wir kein Gewerberegister mehr

Was meinst du mit Zwangsmittel nach SOG? Die Abkürzung sagt mir grad nichts.



Geschrieben von Roesje am 27.03.2014 um 15:03:

 

Verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Ersatzvornahme nicht geht? Ich kann doch nicht einfach nur Zwangsgelder machen? Irgendwann muss man doch mal checken, dass es damit halt in manchen Fällen nicht funzt und dann muss es doch noch eine andere Möglichkeit geben.



Geschrieben von Runge am 27.03.2014 um 16:24:

 

Das "SOG" ist unser Gesetz über die öffentlichje Sicherheit und Ordnung. In diesem Gesetz ist u.A. die Anwendung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung von Verwaltungsakten geregelt.

Aus meiner Sicht ist das Zwangsgeld eigentlich schon ein sehr zielführendes Zwangsmittel. Am Portmonee sind viele Leute doch sehr empfindlich.

Wie gesagt, wir bitten unsere Kasse solche Zwangsgelder vorrangig beizutreiben und hatten bisher auch keine Probleme mit Haftanträgen.Wenn einfach nur Zwangsgelder festgesetzt und dann aber nicht mit dem nötigen Nachdruck durchgesetzt werden, bringt das natürlich nichts. Vielleicht solltet ihr da doch mal mit dem Richter sprechen?

Ich hätte Zweifel, ob es sich bei der einseitigen Willenserklärung der Gewerbeanzeige wirklich um eine vertretbare Handlung handelt.

Regina Runge



Geschrieben von Thomas Mischner am 27.03.2014 um 17:03:

 

Eine Ersatzvornahme dürfte schon daran scheitern, dass die Behörde eine Reihe der notwendigen Daten wie den Beginn der Tätigkeit und möglicherweise auch die exakt ausgeübte(n) Tätigkeit(en) nicht kennt und schon deshalb die Willenserklärung nicht an Stelle des Gewerbetreibenden abgeben kann.

Ich sehe aber in (ggf. beharrlich wiederholten und erhöhten) Zwangsgeldern ein durchaus zweckmäßiges Mittel.

Das Argument des Gerichtes wg. der Zwangshaft kann ich allerdings nachvollziehen. Gab es denn keine anderen Vollstreckungsmöglichkeiten (Kontopfändung)?

Parallel zum Zwangsgeld kommt die Einleitung eines Bußgeldverfahrens in Betracht. Je nach Art der Tätigkeit kann auch ein Anfangsverdacht der Schwarzarbeit bestehen (Erbringen von Dienst- und Werkleistungen in erheblichem Umfang...). Die nach dem SchwarzArbG möglichen Geldbußen sind schon recht beträchtlich.



Geschrieben von René Land am 27.03.2014 um 17:44:

 

Zitat:
Original von Roesje
Verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Ersatzvornahme nicht geht?


Bei einer Gewerbeanzeige handelt es sich um eine einseitig empfangsbedürftige Willenerklärung (des Gewerbetreibenden gegenüber der Behörde) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Diese Willenserklärung kann der Gewerbetreibende zwar durch einen Beauftragten kundtun (Vollmacht); jedoch handelt es sich im Sinne des Vollstreckungsrechts um eine unvertretbare Handlung. Insofern scheidet die Ersatzvornahme (durch einen Dritten) aus. Auch eine Eigenvornahme (durch die Behörde) ist nicht zulässig.

Ansonsten schließe ich mich vollinhaltlich den Ausführungen des Koll. Mischner an.

Freundliche Grüße

R. Land



Geschrieben von Kay Löffler am 27.03.2014 um 18:11:

 

So wie ich das verstanden habe, ist nicht das Zwangsgeld das Problem, sondern eine "unordentliche" Vollstreckung. Also bitte zur Kasse gehen und auf eine ordentliche Volstreckung bestehen. Und wenn diese dann scheitert: Die Haft beantragen, so wie es das Gericht will: Mit ordentlichen Nachweisen über die Vollstreckungsversuche. Wie normalerweise üblich.

Gruß aus dem eher flachen Bergheim

Kay Löffler



Geschrieben von Roesje am 28.03.2014 um 08:15:

 

Mmh...also das finde ich alles sehr unbefriedigend.
Also bleibt mir bzgl. Durchsetzung der Anzeigepflicht tatsächlich nur die Festsetzung von Zwangsgeldern?

Sagenhaft blöd. Mich nervt, dass ich so Fälle dann einfach nicht vom Tisch kriege....bei dem Fall, wo ich bereits das 2. Zwangsgeld festgesetzt hab laufe ich dem Typ bereits seit 2012 wegen einer Gewerbeummeldung (Betriebsverlegung) hinterher....da tut sich einfach nichts! Dem ist das auch anscheinend sch...egal bzw. dem tut's einfach nicht weh, weil er einfach nicht bezahlt.

Ich kenn mich ansonsten im Thema "Vollstreckung" nicht aus...keine Ahnung, obs dann wirklich an der Vollstreckung liegt?

Tja...ich danke euch auf jeden Fall für die ganzen Eingaben. Nach der Erklärung von Rene leuchtet mir das mit der Ersatzvornahme auch ein....die Vorauss "vertretbare Handlung" ist nicht erfüllt...schade!

Ein Bußgeldverfahren nebenher ist auch eine gute Idee, wobei das ja dann auch nur wieder mehr Arbeit für Nichts bedeutet, da die Leute nicht bezahlen und es dann wohl auch an unserer Vollstreckung wieder scheitert.

Zum Thema Schwarzarbeit.....hahahahaha....Bußgelder wg. Schwarzarbeit setzt bei uns der Kreis fest. Dort sitzt eine Halbtagsbeschäftigte die in der Woche ca. 3 Std. dafür aufwendet und von oben die Order hat, keinen Außendienst zu tätigen und am besten die Füße ganz still zu halten ergo ist eine Verfolgung nicht wirklich gewünscht seufz



Geschrieben von J. Simon am 28.03.2014 um 11:02:

 

Hallo roesje,

nicht verzweifeln, da hilft nur Hartnäckigkeit. Also:

Zwangsgelder androhen und zwar in deutlich höherer Region und bei entsprechen gescheiterter Vollstreckung, dann eben die Ersatzzwangshaft bei VG beantragen.

Wie die Koll. schon schrieben: Keine Ersatzvornahme nach dem Vollstreckungsrecht, da keine vertretbare Handlung vorliegt.

Bußgelder in entsprechender Höhe kannst du dann immer noch verhängen und zu deren Durchsetzung gibt es ja auch noch die Beugehaft, die von unserem AG gerne angeordnet wird, gerade weil so einige Zeitgenossen meinen, sich an nichts halten zu müssen!

Das bedarf einer Arbeit und Mühen, aber wenn du das in ein,zwei Verfahren mal gründlich durchgezogen hast, dann wird das schon! Kopf hoch!

VG J. Simon



Geschrieben von Roesje am 28.03.2014 um 11:58:

 

Danke

Aber jetzt erst mal Wochenende! großes Grinsen

Wünsche euch allen ein Schönes! Party2



Geschrieben von Ingo Hupens am 31.03.2014 um 10:27:

 

Hallo Roesje,

leidiges Thema Vollstreckung: 2-3 mal aufsuchen und nicht antreffen ist zwar schön und gut, hilft aber oft nicht viel weiter. Dann müssen weitere Maßnahmen laufen. Bei den Zwangsgelder ist die Ersatzzwangshaft grundsätzlich ein feines Mittel. Wenn das Gericht sich mit der Festsetzung schwertut, muss entweder die Vollstreckung nachbessern oder aber es müssen andere Vollstreckungsmaßnahmen greifen. Z.B. Durchsuchung der Wohn-/Geschäftsräume nach Beantragung eines richterl. Durchsuchungsbeschlusses oder Kontopfändung oder oder ...
Da ich selber nebenher als Vollstreckungsbeamter tätig bin, kenn ich mich da ein wenig aus.
Oft ist es bei den Vollstreckungsbehörden aber so, dass in mögichst kurzer Zeit möglichst viele Fälle erledigt werden sollen. Weitergehende Maßnahmen nach den 2-3 Besuchen vor Ort sind dann nicht immer das, was sich die Vollstreckungsbehörde wünscht.

Vor einiger Zeit habe ich mal bei einer ausstehenden Gewerbeummeldung insgesamt 7 Zwangsgelder festgesetzt. Ist zwar nervig, aber letztendlich geht es nur so.

MfG - Ingo



Geschrieben von Jannes am 27.03.2018 um 10:53:

 

Hallo liebe Freunde aus der Exekutive,

ein ganz klein wenig muss ich dem Kollegen Mischner widersprechen: In meiner Aufforderung mit Fristsetzung samt Androhung der Ersatzvornahme schreibe ich ja Dinge wie: ...haben wir festgestellt, dass zum 01.01.2016 ein Gewerbe begonnen wurde. Wir fordern Sie daher zu einer Gewerbeanmeldung auf, in der Sie erklären, dass Sie ab dem 01.01.2016....
Dadurch gebe ich ja genau die Dinge und Aspekte vor, die ich selbst dann im nächsten Schritt als Ersatzvornahme durchführe.

Für die Androhung kassiere ich dann immer um die 35 €, für die Vornahme selbst dann so 175 €. Das gibt die Gebührenordnung von Rheinland-Pfalz so her.



Geschrieben von Runge am 27.03.2018 um 11:08:

 

Hallo aus Bad Fallingbostel,

die "Abgabe einer Erklärung, dass...") ist m.E. aber keine vertrertbare Handlung, so dass das Zwangsmittel der Ersatzvornahme hierfür ausgeschlossen ist. Auch der unmittelbare Zwang, der eigentlich bei "nicht vertretbaren Handlungen" zum Zuge kommt, dürfte hier nicht möglich sein, so dass letztendlich nur das Zwangsgeld bleiben dürfte.

Regina Runge


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