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Geschrieben von stadtmädl am 23.10.2013 um 11:28:

  Meldepflichtig???

Hallo liebe Forenmitglieder,
wir haben hier einen aktuellen Fall einer Person, die seit 15 Jahren hier lebt und unter dessen bisherigen Namen ein Gewerbe gemeldet hat und auch tatsächlich führt. Jetzt, im Jahr 2013 legt er einen irakischen Reisepass vor, der ihn mit einem völlig anderem Namen und auch anderem Geburtsdatum ausweist. Der Pass wurde vom LKA untersucht und keine Anhaltspunkte auf eine (Ver-)Fälschung gefunden. Meine Frage nun: Ist das nun ein meldepflichtiger Vorgang nach § 14 GewO ? Kann ich diese Person nun zu einer Gewerbeummeldung auffordern und ggf. zwingen? Oder vielleicht eine Ab- und Anmeldung?



Geschrieben von Ingo Hupens am 23.10.2013 um 14:47:

  RE: Meldepflichtig???

Moin,

wenn es sich tatsächlich um ein und dieselbe Person handelt, sehe ich hier keine Anzeigepflicht nach § 14 GewO. Ähnlich wie bei einer Namensänderung kann eine Gewerbeummeldung freiwillig erfolgen, was sicherlich auch Sinn macht, da mit der Ummeldung alle empfangsberechtigten Stellen von der Änderung informiert werden. Eine Pflicht zur Ummeldung sehe ich nicht.

Hat denn diese Person 15 Jahre lang unter falschen Personalien in Deutschland gelebt? Legal kann das ja wohl nicht gerade gewesen sein. Strafrechtliche Konsequenzen?

Wie geht denn z.B. die Ausländerbehörde, die Einwohnermeldebehörde und ggfs. auch das Standesamt mit der Angelegenheit um?

Sollte keine (freiwillige) Ummeldung erfolgen, würde ich die Daten im Gewerberegister berichtigen und dabei im Programm vermerken, unter welchen Personalien die Person vorher geführt wurde.

MfG - Ingo



Geschrieben von Runge am 23.10.2013 um 15:32:

 

Hallo aus Bad Fallingbostel,
abgesehen von ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Verstössen könnte das m.E. aber auch ein gewerberechtlicher Owi-Tatbestand sein, da er bie der Gewerbeanmeldung ja falsche Angaben gemacht hat.

Läuft allerdings wo anders ein Strafverfahren, wäre das wohl als Tateinheit zu sehen.

Regina Runge



Geschrieben von stadtmädl am 23.10.2013 um 15:40:

  RE: Meldepflichtig???

Hallo Ingo!
Vielen Dank für deine Einschätzung.
Unglaublich, aber wahr....die genannte Person war legal (halt mit einem anderen Ausweis, anderem Namen usw.) in Deutschland. Hat sogar ein Haus gekauft. Die Erkenntnis, dass er jetzt anders heißen will (oder immer geheißen hat?) habe ich von den Kollegen des Ausländerwesens und des Standesamtes, weil auch mehreren Kindern unter dem bisherigen Namen eine Namenserteilung gegeben wurde - die jetzt alle geändert werden sollen. Nebenbei wurde die Frau zu diesen Kindern - und mittlerweile auch der Bruder eingeschleust. Angezeigt wurde das Ganze bereits bei der StA. Glauben kann man das irgendwie nicht. Jedenfalls ist er jetzt mal über Nacht 2 Jahre jünger geworden. Super, oder? Applaus



Geschrieben von stadtmädl am 23.10.2013 um 15:47:

  RE: Meldepflichtig???

Hallo Frau Runge,

ich denke nicht, dass ein gewerberechtlicher Owi-Tatbestand gegeben ist, weil er ja zum Zeitpunkt der Gewerbemeldung auch so geheißen hat, so gemeldet war, und auch entsprechende Ausweispapiere hatte.



Geschrieben von Civil Servant am 23.10.2013 um 16:14:

 

Könnte aber auch ein echtes Dauerdelikt sein, denn er hat die falschen Angaben ja jahrelang aufrecht erhalten. Dann beginnt die Verfolgungsverjährungsfrist zu dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die rechtswidrige Tat abgestellt wurde.



Geschrieben von Runge am 23.10.2013 um 16:21:

 

Ist denn sicher, dass die Person zum Zeitpunkt der Gewerbeanzeige auch so geheißen hat, oder haben die Anmeldungen und sonstigen Dokumente auf falschen Angaben beruht?

Regina Runge



Geschrieben von stadtmädl am 23.10.2013 um 16:32:

 

Zum Zeitpunkt der Gewerbeanzeige hieß er A.-B. (mit scheinbar richtigen Ausweis - ich denke mal eine Prüfung der Echtheit ist mir als Gewerbesachbearbeiter ja nicht möglich) - Ich weiß ja nicht unter welchen Voraussetzungen die Behörde in Bagdad Ausweise ausstellt, aber das ist nun schon der zweite Fall in dem ein Iraker plötzlich mit einem Ausweis daher kommt, der die Namensgebung vollkommen ändert - aber das ist nun wirklich der erste Fall, der auch das Geburtsdatum geändert hat. Wie sowas möglich ist???? Weißnicht



Geschrieben von LKKS am 23.10.2013 um 21:23:

 

Zitat:
Wie sowas möglich ist????


Nun, im Personenstandsrecht sind diese Staaten, in welchen man gegen entsprechende Vergütung alles und jedes beurkundet bekommt "Urkundenproblemstaaten".

Eine etwas ältere, aber deswegen nicht falsche Liste der betr
. Staaten gibts hier:

http://www.info4alien.de/mick/problemstaaten1.htm

ganz aktuell jeweils beim Ausw. Amt.

Das eigene Standesamt hilft da ebenfalls ganz sicher mit, bei einer Überprüfung.

Und zur Überprüfung selbst:

Jede deutsche Behörde, welche Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Dokumente hat, kann diese durch die deutsche Auslandsvvertretung vertrauensanwaltlich überprüfen lassen.



Geschrieben von Christiane am 24.10.2013 um 09:35:

 

Hallöchen,

ich habe hier auch zwei solcher Fälle.

Ein Syrer kommt nach Deutschland und hat keine Papiere mehr. Er will hier heiraten und um an die erforderlichen Papiere für das Standesamt zu kommen, gibt er vor einem Notar eine Versicherung an Eides statt ab, dass er A. heißt und am xx.xx.xx geboren ist. Er hat dann durch die Heirat eine deutsche Personenstandsurkunde und entsprechende Ausweispapiere bekommen. Das war vor etwa 6 Jahren. Ein Gewerbebetrieb war auch angemeldet aber nach erfolgreicher Pleite wieder abgemeldet.

2012 spricht er hier vor und will ein neues Gewerbe anmelden. Wir ziehen die persönlichen Daten aus unserer Datenbank und siehe da, die will der Antragsteller nicht. Er hat jetzt einen neuen Namen und auch ein anderes Geburtsdatum.
Er hat auf einmal doch Unterlagen aus Syrien bei der Ausländerbehörde vorlegen können.
Das Problem liegt hier einfach auch zwischen der mangelnden Zusammenarbeit zwischen Standesamt (Stadt) und Ausländerbehörde (Landkreis). Der Landkreis hat relativ flott einen neuen Aufenthaltstitel mit den neuen Daten ausgestellt. Das Standesamt weigert sich (zu Recht) die Personendaten zu ändern. Irgendwas kann da ja nicht stimmen. Entweder hat er damals vor dem Notar eine falsche Versicherung abgegeben oder die jetzt aufgetauchten Papiere sind nicht ganz sauber.
Gewerberechtlich interessant ist noch, dass unter den alten Personendaten Mitteilungen an das GZR gegeben wurden.

Den zweiten Fall betrifft einen Jugoslawen. Da hat es wohl Unstimmigkeiten bei der Übernahme der Schreibweise des Namens aus dem Pass gegeben. Die deutsche Personenstandsurkunde (er hat hier auch geheiratet) weicht von seinem zurzeit gültigen Pass (Serbien) doch erheblich ab. Er heißt lt. Melderegister nun auch anders als sein Bruder.

Hoch lebe die deutsche Bürokratie. Wem kann man eigentlich noch glauben?

Christiane



Geschrieben von Jürgen Rixinger am 24.10.2013 um 11:54:

 

Wir hatten hier einen Asylbewerber, der sich als Iraker ausgegeben hat. Auf Grund einer abenteuerlichen Geschichte über seine dramatische Verfolgung im Irak wurde er als Asylberechtigter anerkannt. In der Folgezeit hat er eine Türkin geheiratet, die sich dann einbürgern ließ, weshalb später auch die gemeinsamen Kinder als Deutsche zur Welt kamen.

Nach 10jähriger "Karriere" als anerkannter irakischer Verfolgter hat sich unser Freund entschlossen, mit offenen Karten zu spielen: Ätsch, in Wirklichkeit heiße ich ganz anders, habe ein anderes Alter als seither angegeben und bin außerdem Türke (Kurde). Asylrechtlich brauchte nichts mehr aufgerollt zu werden, da er als Ehemann und Vater deutscher Familienangehöriger sowieso hier einen gesicherten Aufenthalt hat.

Nach 10 Jahre langer chronischer mittelbarer Falschbeurkundung in - na schätzen wir mal - 10.000 Fällen, hat man sich dann zu einer "drakonischen" Verurteilung von 90 Tagessätzen (!) durchgerungen. Hurra, das Leben ist schön Wand .

Was lernen wir für den Ausgangsfall? Personalien ohne förmliche Gewerbemeldung ändern und am besten dem Knaben gratulieren, dass er jahrelang erfolgreich und folgenlos die deutschen Behörden gearscht hat (sorry, aber ich rege mich gerade wieder auf wut ).



Geschrieben von LKKS am 24.10.2013 um 12:10:

 

Zitat:
Nach 10 Jahre langer chronischer mittelbarer Falschbeurkundung in - na schätzen wir mal - 10.000 Fällen, hat man sich dann zu einer "drakonischen" Verurteilung von 90 Tagessätzen (!) durchgerungen.


Jepp, derlei Fälle sind mein tägliches Brot in den Standesämtern meiner Zuständigkeit.

Leider sieht die Justiz (konkret die Strafverfolgung) das wesentlich "entspannter" als unsereins. Und milde gestimmte Richter
die allerdings auch gnadenlos mit Fällen überhäuft werden, erledigen dann den Rest.

Eine für diese Woche angesetzte mündliche Verhandlung wegen mittelbarer Falschbeurkundung in zig Fällen wurde verschoben, weil die Justiz entdeckt hatte, dass wir nach Einleitung des Strafverfahrens noch zahlreiche weitere Verdachtsfälle nachgeliefert hatten (im ersten Quartal) zu denen noch gar nicht ermittelt worden war.

Aber:

Läbbe geht weiter und alles wird gut Applaus



Geschrieben von Civil Servant am 24.10.2013 um 12:32:

 

Ich habe mit Standesamtsaufsicht nichts zu tun, aber Eure Fälle schreien doch danach, dass die Defizite über die Ministerien gemeldet werden.



Geschrieben von domar am 24.10.2013 um 13:55:

 

Bei solchen Fällen kann ich eigentlich auch nur empfehlen, dass eine Meldung an das Innenministerium (Verfassungsschutz) geht. Auch ausländische Nachrichtendienste machen manchmal Fehler; selbst bei Ausweisen oder Erstellen von Profilen. Das muss nicht so sein, kann aber sein.



Geschrieben von Civil Servant am 24.10.2013 um 14:03:

 

Das Posting von @domar zeigt mir, dass ich missverstanden worden bin. Wir ging es nämlich um die Defizite bei der Justiz. Auch ich bin der Meinung dass solche Fälle nicht ungestraft bleiben dürfen, insbesondere dann nicht, wenn sich dadurch Aufenthaltstitel oder sonst etwas erschlichen worden ist. Trotzdem wird großzügig eingestellt. Die Kollegin vom Personenstandswesen wusste auch bei uns von solchen Fällen zu berichten. Das ist ein völliges Unding. wut



Geschrieben von LKKS am 24.10.2013 um 16:09:

 

Ich hatte Dich schon verstanden, aber meine Meinung zu Hilfestellung durch und eine entsprechende Mitteilung an unser Ministerium behalte ich hier im offenen Bereich lieber für mich.



Geschrieben von SteBa am 25.10.2013 um 07:39:

 

Passend dazu folgendes aktuelle Urteil des VG Stuttgart:

http://vgstuttgart.de/servlet/PB/menu/1287196/index.html?ROOT=1192939[/URL]

Ohne Worte...



Geschrieben von stadtmädl am 25.10.2013 um 08:46:

 

Danke für die zahlreichen Rückmeldungen - Aber... unabhängig von ausländerrechtlichen und sonstigen Personenstands-/Strafsachen....und so ärgerlich wie das alles ist...mir geht es immer noch um die Frage: Gewerbeummelden ja oder nein?! Erzwingen kann ich die Änderung nicht, meldepflichtig ist sie (offensichtlich auch nach euerer Meinung) nicht !? Also lass ich alles so wie es ist...und dann....
dann bin ich jetzt schon neugierig, unter welchem "Pseudonym" dann die ersten Anfragen kommen. Das kann doch auch nicht Sinn und Zweck einer Gewerberegistrierung sein... schimpf



Geschrieben von SteBa am 25.10.2013 um 08:59:

 

Gibt es denn in eurem Gewerberegister die Möglichkeit abweichende Personendaten zu erfassen?

Dann würde ich die Gewerbeanmeldung auf die neuen Daten berichtigen und als Vermerk die abweichenden Personendaten erfassen, damit man später nachvollziehen kann, dass die Person mal anders geheißen hat.

Ein Owi-Verfahren würde ich allerdings trotzdem einleiten, da er die damalige Gewerbeanzeige nicht wahrheitsgemäß ausgefüllt hat.



Geschrieben von stadtmädl am 25.10.2013 um 09:40:

 

Nein, es gibt keine Möglichkeit "alias" Namen bzw. zweite Geburtsdaten zu erfassen. Vorallem "versteht" das kein Mensch. Wenn ich eine Auskunft über die Person A.B. erteile und 2 Personen erscheinen...Dann denkt man ja gleich mal an eine GbR...
Zum Zeitpunkt der Gewerbemeldung hies er aber A.B. also war doch die Gewerbemeldung richtig...


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