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Zum Ende der Seite springen Staatsvertrag bringt kein Glück
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räubertochter räubertochter ist weiblich
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Staatsvertrag bringt kein Glück

Der Glücksspiel-Staatsvertrag ist leicht geändert worden. Die Probleme wie Regulierungschaos und mangelnde Autonomie der Spieler bleiben weiter bestehen.

Der Streit ums deutsche Lotteriemonopol geht in die nächste, womöglich entscheidende Runde. Letzte Woche unterzeichneten die Regierungschefs der Bundesländer – Glücksspielrecht ist in Deutschland Ländersache – eine geänderte Fassung des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV). Das neue Dokument wird nur wenig am hiesigen Regulierungschaos ändern. Spannender ist eine kurz zuvor bekannt gewordene Klageandrohung eines privaten Internet-Lotto-Anbieters aus Gibraltar.

Eine Klage ist erst mal nichts Ungewöhnliches. Im Dickicht des deutschen Glücksspielwesens klagt ständig irgendwer gegen irgendwas. Da funktionierende Regeln für einen fairen wirtschaftlichen Wettbewerb fehlen, wird der Konkurrenzkampf widerstreitender kommerzieller Interessen bedauerlicherweise weniger auf dem Markt als vielmehr vor Gericht ausgetragen.

Außergewöhnlich an dieser Klage ist, dass so das faktisch längst gescheiterte staatliche Lotteriemonopol als solches erstmals auch vor Gericht angezweifelt werden könnte. Der Lottoanbieter mit Sitz in der britischen Exklave hat in mehreren Bundesländern Anträge auf die Veranstaltung von Lotterien gestellt, obwohl er weiß, dass diese abgelehnt werden. Denn in Deutschland dürfen nur staatliche Anbieter Lotterien mit hohen Gewinnsummen durchführen.

Gegen die Ablehnung wird der Lottoanbieter wiederum klagen. So wird das Lotteriemonopol zum Streitgegenstand vor Gerichten. Der zu erwartende jahrelange Rechtsstreit vor diversen Verwaltungsgerichten könnte zur Klärung des Regulierungswirrwarrs beitragen. Im besten Fall könnten die Landesregierungen so gezwungen werden, endlich ein vernünftiges Regelwerk auszuarbeiten.

Bislang besteht seitens der zuständigen Bundesländer kein ernsthaftes Interesse an solch einem Vorhaben. Den Lottogesellschaften und Landesregierungen geht es vor allem darum, private oder gemeinnützige Konkurrenz weiter vom milliardenschweren Lottomarkt ausschließen zu können. Das so entstandene Durcheinander spottet jeglichen Grundsätzen von Recht und Demokratie: Regulierer, die ohne öffentliche Kontrolle handeln, konstruierte Suchtrisiken, florierende Graumärkte und Steuerverluste in Milliardenhöhe.

Monopol statt Wettbewerb

Während die staatlichen Monopolisten ihre Besitzstandswahrung als Kampf zwischen „Gut gegen Böse“ – der angebliche gemeinwohlorientierte Lottoblock gegen illegale Privatunternehmen - stilisieren, hat der um klare Worte selten verlegene FDP-Spitzenpolitiker und Monopolkritiker Wolfgang Kubicki erkannt, woher der Wind weht: „Die Lotto-Taliban fürchten um ihre Pfründe.“

Wenn man bedenkt, dass manche Lotto-Geschäftsführer, etwa in Nordrhein-Westfalen, mehr Geld verdienen als die Bundeskanzlerin, mag man individuell durchaus Verständnis für ihren Wunsch aufbringen, die Dinge zu belassen, wie sie sind. Aber ob dieser Status Quo tatsächlich dem Gemeinwohl dient, ist mehr als fraglich.

Rein ökonomisch betrachtet ist das Lotteriemonopol in seiner jetzigen Form kein gutes Geschäft für die öffentliche Hand. Seit die verschärften Regeln zur Diskriminierung privater Anbieter im Jahr 2004 in Kraft traten, ist der legale deutsche Markt bis zum Jahr 2014 um 24 Prozent geschrumpft. Nach Schätzungen aus Branchenkreisen gingen der öffentlichen Hand so nur aus dem staatlichen Lottogeschäft Steuern und Sozialabgaben von 7,8 Milliarden Euro verloren.

Weltweit boomen die Lotteriemärkte hingegen. Es gibt Umsatzzuwächse von im Schnitt 8 Prozent pro Jahr. Das Beharren auf einem antiquierten Monopol führt gerade in Zeiten des Internets dazu, dass Spieler in den Schwarzmarkt abwandern und anderswo innovative neue Spielprodukte verhindert werden. Während überall in Europa Glücksspiel im Internet boomt, belegt Deutschland einen der hintersten Plätze.

Letztlich würden von einem liberalisierten Markt alle profitieren. Der Staat könnte sich über neue Steuermilliarden freuen, die Glücksspielindustrie würde nicht mehr diskriminiert, die Spieler könnten sich über zeitgemäße Formen des Glücksspiels freuen – und wahrscheinlich, darauf deuten zumindest die Erfahrungen aus Nachbarländern wie den Niederlanden hin, würden letztlich auch die staatlichen Lottogesellschaften von der Konkurrenz profitieren. Sie wären durch die Konkurrenz gezwungen, effizienter und kundenorientierter zu arbeiten.

Daran haben aber wohl weder die Lottofürsten, die sich auffällig oft aus altgedienten Kadern der großen Parteien rekrutieren, noch die Landespolitiker, die oft, um erneut den Monopolkritiker Kubicki zu zierten, „die Lottomittel als eine Art Schattenhaushalt betrachten“, ein Interesse. So herrscht große Intransparenz bei der Frage, nach welchen Kriterien die Lottomittel vergeben werden.

Es wird alles getan, um das „heilige Monopol“ fortbestehen zu lassen. Auch im neuen Regelwerk bleibt die Legitimation des Glücksspielkollegiums, des zuständigen Koordinierungsgremiums für die hiesige Regulierung, unklar. Dieses feudalistisch anmutende Gebilde steht bereits seit längerem wegen mangelnder demokratischer Aufsicht und Kontrolle unter massiver juristischer Kritik (u.a. von Rechtswissenschaftlern Hans Jarass, Gregor Kirchhof oder Thomas Würtenberger).1 Dessen Arbeit liege im Dunkeln. Sitzungstermine würden nicht veröffentlich. Es gibt keine offizielle, öffentliche Liste mit den Namen der Mitglieder. Ministerpräsidenten wissen oft nicht, was entschieden wird usw. usf.

Auch für die Themen Sportwetten und Online-Kasinos wurden keine vernünftigen Regeln gefunden. Das meint zumindest die EU-Kommission. Die zuständige Generaldirektion für Binnenmarkt, Industrie und Unternehmertum kritisierte die Novelle im Vorfeld hart. Im Zusammenhang mit den Online-Kasinos erkennen die Wettbewerbshüter „keine tragfähige Lösung“. Das deutsche Totalverbot hat zu einem milliardenschweren Schwarzmarkt geführt, der den eigenen Anspruch auf Spieler- und Jungendschutz konterkariere.

In Bezug auf Sportwetten ist die Rede von „Widersprüchen“. Auch nach der minimalinvasiven Reform seien die Regeln für Sportwettenanbieter immer noch unfair. Zwar bekommen nun endlich einige Anbieter Lizenzen, aber neue Anbieter müssten bis zu einem Jahr auf eine Konzession warten. Von einem liberalisierten Markt kann also auch zweieinhalb Jahre nachdem die Länder sich vom an der Realität gescheiterten Sportwettenmonopol verabschiedet haben, nicht die Rede sein.

Wohin man schaut, Unklarheiten und Regulierungschaos. Sinnvolle Reformen scheinen hier kaum noch möglich. Es bedürfte eines klaren Schnitts. Ein neuer Glücksspielstaatsvertrag müsste her, der neue und bessere Regeln setzt, die vom Vertrauen in die Fähigkeiten der Individuen geprägt sind, ihr Leben und ihr Spielen nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Denn das Grundübel der deutschen Glücksspielregulierung ist ihr freiheitsfeindlicher Grundgedanke.

Bereits der im ersten Artikel des GlüStV formulierte Anspruch, „den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken“ ist bevormundend und übergriffig. In einer freien und demokratischen Gesellschaft sollte die Frage, in welche Richtung ein erwachsener Bürger seine Triebe lenken will, solange er keine Dritten damit schadet, einzig und allein ihn selbst etwas angehen.

Die staatliche Triebsteuerung wird damit begründet, dass man die Spielsucht bekämpfen möchte. Dieses Ziel wurde aber nicht etwa deshalb ausgegeben, weil es sich bei der Spielsucht um ein großes gesellschaftliches Übel handelt, wie man als vertrauensvoller Staatsbürger erst einmal annehmen könnte. Vielmehr sah sich der Gesetzgeber gezwungen, Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des EuGHs zu entsprechen, wonach ein staatliches Glücksspielmonopol nur dann zulässig ist, wenn es sich konsequent an der Spielsuchtbekämpfung orientiert.

So wurden in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, aus dem eher randständigen Problem der Spielsucht ein für das Gemeinwohl bedeutsamen Missstand zu konstruieren – was es faktisch nicht ist. Gleichzeitig wurde ebenfalls falscherweise suggeriert, man könne pathologischen Spielern am besten durch harte politische Regulierungsmaßnahmen helfen. Wir haben bei Novo an mehreren Stellen auf diese Zusammenhänge hingewiesen.

Bereits 2008 hat der Spiegel im Zusammenhang mit dem damals neu aufgesetzten Glücksspielstaatsvertrag sehr deutlich die Doppelmoral der staatlichen Lottogesellschaften benannt, die Bekämpfung der Spielsucht zur Rechtfertigung ihrer monetären Interessen zu instrumentalisieren: „ein scheinheiliger Trick“.

Man sollte sich an dieser Stelle allerdings keine Illusionen machen, dass in der Politik großes Interesse vorhanden ist, angesichts der Lottomilliarden vom Modus der Scheinheiligkeit in den Modus verantwortungsbewussten Gestaltens zu wechseln. Aktuell finden sich meistens noch nicht einmal für kleinste Schritte in Richtung einer vernünftigen Liberalisierung des Marktes irgendwelche Mehrheiten. Eine grundlegende Neuordnung steht erst recht in den Sternen. Die Freiheit der Individuen, denen das Recht und selbst die Fähigkeit abgesprochen wird, ihr Spielen selbstverantwortlich zu gestalten, bleibt als bewusst in Kauf genommener Kollateralschaden für das monetäre Interesse der Besitzstandswahrer auf der Strecke.

https://www.novo-argumente.com/artikel/s...campaign=buffer
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